<p class="article-intro">Auch heuer hat die Jahrestagung der European Association for the Study of the Liver (EASL) fast 10 000 Teilnehmer nach Amsterdam gebracht. Wie im Vorjahr war allerdings auch diesmal nicht mit sensationell neuen Resultaten zu rechnen, es wurden jedoch einige berichtenswerte Real-World-Daten und neue Forschungsansätze präsentiert.</p>
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<p class="article-content"><h2>Hepatitis C</h2> <p>Die Erforschung neuer Therapien zur Behandlung der Virushepatitis C, die in den vergangenen Jahren das Feld dominiert hat, hat gegenwärtig ihren Höhepunkt überschritten. Wenn heute selbst bei Patienten mit fortgeschrittener Leberzirrhose mit jeder verfügbaren Therapie Heilungsraten von über 95 % erreicht werden können, bleibt in diesem klinisch relevanten Bereich kaum noch Raum für Innovation, und das Interesse der forschenden Community verlagert sich auf andere Problemstellungen.</p> <p>Heuer wurden für jedes zugelassene HCV-Therapie-Regime große Studien mit „Real World“-Daten gezeigt, die, wie zu erwarten, die Daten der Zulassungsstudien bestätigen. In dieser glücklichen Lage ist der Bedarf an neuen Therapiekombinationen zunehmend gesättigt.</p> <p>Von den neueren Therapien wurden für die Kombination des neuen Proteasehemmers Glecaprevir mit dem neuen NS5A-Hemmer Pibrentasvir (AbbVie) mehrere abgeschlossene Phase-III-Studien präsentiert sowie etwas kleinere Studien bei speziellen Patientenpopulationen (Tab. 1).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Infekt_1702_Weblinks_s22.jpg" alt="" width="1419" height="1364" /></p> <p>Eine gepoolte Analyse der meisten dieser Studien, in die Daten von mehr als 2000 nicht zirrhotischen Patienten einflossen, zeigte, dass eine Ribavirin-freie 8-wöchige Therapie das optimale Regime für fast alle Patienten mit chronischer Hepatitis C darstellt.<sup>1</sup> Die SVR-Rate lag zwischen 95 und 100 % . Selbst bei Zirrhosepatienten wurde eine SVR-Rate von 99 % erreicht.</p> <p>Glecaprevir/Pibrentasvir (G/P) befindet sich derzeit in Begutachtung durch die FDA und die EMA und wird möglicherweise ab Anfang 2018 zur Verfügung stehen.</p> <p>Für die Kombination von Grazoprevir mit dem neuen NS5A-Hemmer Ruzasvir und dem neuen nukleosidischen Polymerasehemmer Uprifosbuvir (MSD) wurden in Phase-II-Studien ebenfalls hohe SVR-Raten präsentiert. Die weitere Entwicklung dieses Regimes ist derzeit unbekannt.</p> <p>Derzeit ist die zentrale Frage daher nicht, welche Kombination man verwenden soll, sondern welche Firma die besten Angebote an den Hauptverband macht bzw. machen wird. Aktuell werden für Patienten mit Infektionen durch die Genotypen 1 und 4 unabhängig vom Fibrosestadium die Therapiekosten von den Krankenkassen übernommen. Die Auswahl des jeweiligen Medikaments erfolgt vom Kostenträger für die jeweils billigste Variante, das kann sich nach den Verhandlungen am „HCV-Basar“ jeweils kurzfristig ändern. Für Patienten mit Genotyp 2 und 3 erfolgt die Kostenübernahme ab Fibrosestadium 2.</p> <h2>Hepatitis B/D</h2> <p>Leider gab es in der Therapie der Hepatitis B und D keine neuen Daten zu berichten. Das Ziel einer dauerhaften Heilung der chronischen Hepatitis B durch Elimination der ccc-DNA befindet sich nach wie vor in weiter Ferne. Dasselbe gilt auch für die Hepatitis D, die bereits beim Kongress der American Association for the Study of Liver Diseases (AASLD) 2016 gezeigten Daten wurden, mit etwas größeren Fallzahlen, beim EASL 2017 erneut präsentiert.</p> <h2>NAFLD/NASH</h2> <p>Die Frage, ob es sich bei NAFLD/NASH um eigenständige Erkrankungen oder vielmehr um einen Teil von Organmanifestationen des durch den modernen Lebensstil bedingten metabolischen Syndroms handelt, bleibt noch zu diskutieren. Dennoch ziehen NAFLD/NASH aktuell immer größeres Forschungsinteresse seitens der Pharmaindustrie auf sich. Nach einem Treffen mit der FDA wurden die Therapieziele für NAFLD/NASH-Patienten in den USA neu definiert; ob und wie sich diese Ziele allerdings bewähren werden, ist derzeit jedoch fraglich. Beim EASL wurden mehrere Phase-II-Studien mit Medikamenten unterschiedlicher Wirkungsprofile gezeigt, die bereits in der Phase III laufen bzw. laufen werden. Alle diese Substanzen können den Fettgehalt der Leber senken, solange sie verabreicht werden. Für welche Patienten sie in den klinischen Einsatz kommen werden, ist derzeit nicht zu beurteilen.</p> <h2>Hepatozelluläres Karzinom</h2> <p>Das hepatozelluläre Karzinom (HCC) ist seiner klinischen Bedeutung nach die gravierendste Lebererkrankung, bei der unsere therapeutischen Interventionen noch weit entfernt davon sind, zufriedenstellende Ergebnisse zu zeigen. Wirklich neue Daten gab es beim EASL nicht zu berichten, aktuell in Entwicklung befindliche neue Therapieversuche wurden jedoch ausführlich diskutiert. Eine große Hoffnung besteht im Einsatz von Checkpoint-Inhibitoren (z.B. Nivolumab), die dem Immunsystem erlauben, Tumorzellen zu eliminieren. Beim malignen Melanom hat Nivolumab sensationelle Erfolge erzielt,<sup>2</sup> bei HCC sind die Ansprechraten bislang eher bescheiden („complete response“ 1 % , „partial response“ 18 % ), die Studien sind aber noch nicht abgeschlossen. Ein anderes Verfahren ist die Applikation von radioaktivem Yttrium (SIRT). In einer kontrollierten Studie (SARAH) war die Kombination von Sorafenib mit SIRT nicht effektiver als die Monotherapie mit Sorafenib. In mehreren Vorträgen wurde gezeigt, dass eine molekulare Charakterisierung der Tumorzellen eine genauere Prognose und in Zukunft eine gezielte Therapie erlaubt.</p></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Puoti et al: High SVR rates with eight and twelve weeks of pangenotypic glecaprevir/pibrentasvir: integrated efficacy analysis of genotype 1–6 patients without cirrhosis. EASL 2017, SAT-233 <strong>2</strong> Robert C et al: NEJM 2015; 372: 320-30</p>
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