Endlich wieder schmerzfrei schnorcheln
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Autor:
Dr. med. Felicitas Witte
30
Min. Lesezeit
18.05.2017
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<p class="article-intro">Auf dem 4. Rheuma Course in Florenz wurde viel diskutiert, welche Patienten mit rheumatoider Arthritis man wie operieren müsse. Dr. med. Daniel Herren, Chefarzt in der Handchirurgie in der Schulthess-Klinik in Zürich, berichtete, wie sich das Operationsverhalten nach Einführung der neuen Biologika geändert hat. Rheumapatienten müssen heute viel seltener operiert werden, und wenn doch, dann nicht, um das Gelenk zu versteifen, sondern um die Beweglichkeit wiederherzustellen.</p>
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<p class="article-content"><p>An einer rheumatoiden Arthritis (RA) erkranken meist Menschen im Alter zwischen 30 und 50, hierzulande sind 70 000 Menschen betroffen. «In vielen Fällen blieb früher nichts anderes übrig, als das Gelenk zu versteifen», sagte Dr. med. Daniel Herren, Chefarzt in der Handchirurgie an der Schulthess-Klinik in Zürich. Schreiben, Tippen und Arbeiten mit den Händen war für viele undenkbar. «Heute müssen wir RA-Patienten viel seltener operieren, und wenn doch, können wir meist die Beweglichkeit der Gelenke erhalten.» Das liegt vor allem an den Biologika, von denen das erste 1999 in der Schweiz zugelassen wurde. Seitdem, so berichtete Herren beim Rheuma-Kurs in Florenz, sei die Zahl der RA-Operationen deutlich zurückgegangen. So mussten an der Schult­hess-Klinik im Jahr 2000 noch 36 Grundgelenke bei Rheumapatienten ersetzt werden, im Jahre 2013 waren es nur noch 5 (Abb. 1). Ähnliche Zahlen würden andere Kliniken zeigen, sagte Herren. «Heute operieren wir jüngere Patienten als früher», sagte Prof. Dr. med. Massimo Ceruso, Direktor der Abteilung für Chirurgie und rekonstruktive Mikrochirurgie der Hand am Universitätsspital Careggio in Florenz. «Meist stehen diese mitten im Berufsleben und wollen ihre Arbeitsfähigkeit nicht verlieren.» Als die Biologika eingeführt wurden, war das ein Segen für die Patienten: Bei 6 von 10 bessern sich damit die Beschwerden. «Biologika bremsen das Fortschreiten der Gelenkzerstörung deutlich», sagt Prof. Dr. med. Josef Smolen, Leiter der Universitätsklinik für Innere Medizin III an der Medizinischen Universität Wien. «Wir brauchen eine Operation meist nur noch für Patienten, die nicht rechtzeitig eine adäquate Therapie erhalten haben.» So sollte ein Patient sofort Medikamente bekommen, wenn bei ihm die RA vermutlich schwer verlaufen wird – etwa weil viele Gelenke befallen sind oder die Entzündungszeichen sehr hoch sind. «Danach muss man alle drei Monate kontrollieren und die Therapie anpassen, bis die Entzündung geschwunden ist», erklärt Smolen. Die Art der Eingriffe habe sich geändert, berichtete Herren. Früher habe er zum Beispiel oft Gelenke an der Hand versteifen müssen. «Die Gelenke waren so grotesk zerstört, dass man sie weder erhalten noch ersetzen konnte und nur mehr eine Arthrodese als Option blieb.» Heute operiert er zum einen Patienten, die nicht auf die Medikamente ansprechen. Das sei ziemlich schwierig, weil das Gewebe oft sehr zerstört sei. Zum anderen seien es Patienten, bei denen Medikamente die Entzündung an den meisten Stellen zwar zurückgedrängt haben, aber einzelne Gelenke oder Sehnen immer noch entzündet sind. «Hier ist das Operieren einfacher, weil die Biologika Knochen und Gewebe quasi stabiler machen.» Mit Kunstgelenken in den Fingern können die Patienten wieder besser greifen, und es lassen sich entstel­lende Deformationen korrigieren. «Der schönste Moment für mich ist, wenn mir ein Patient sagt, er habe seit Jahren endlich wieder im Restaurant essen können, ohne sich für seine Hände zu schämen», erzählt Herren. Gefreut habe ihn auch die Rückmeldung einer Patientin, die nun wieder ohne Schmerzen schwimmen und schnorcheln kann. Es sei aber wichtig, dass der Operateur früh in den Behandlungsplan eingebunden werde, betont Herren. «Falls notwendig, können wir mit gezielten Eingriffen einer weiteren Zerstörung vorbeugen.» So kann man zum Beispiel einen Teil des Handgelenks frühzeitig stabilisieren und damit verhindern, dass die restlichen Handwurzelknochen zerstört werden. Oder es wird entzündetes Gewebe an Sehnen entfernt, damit diese nicht reissen. «Bevor man sich operieren lässt, sollte man aber alle medikamentösen Massnahmen ausprobieren», sagt Prof. Dr. med. Oliver Distler, Direktor der Klinik für Rheumatologie am Universitätsspital Zürich. «Wir haben heute diverse Möglichkeiten, und man erreicht nicht so schnell das Ende der Fahnenstange.»<img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Ortho_1702_Weblinks_s54.jpg" alt="" width="1417" height="1049" /></p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: 4<sup>th</sup> Florence RA Course, 23.–25. Februar 2017, Florenz
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