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Praxisrelevante molekularpathologische Diagnostik am Beispiel des kolorektalen Karzinoms

<p class="article-intro">Die molekularpathologische Untersuchung von Tumorgewebe hat sich in den letzten Jahren als ein äußerst wichtiger Bestandteil der Diagnostik herausgestellt, der als sogenanntes „prädiktives Testen“ das Ansprechen des Tumorgewebes auf eine Chemotherapie vorhersagen kann. So wird bereits in 35 % aller malignen Tumoren das Gewebe mit molekularpathologischen Methoden untersucht, um für den jeweiligen Tumortyp die passende Therapie auswählen zu können. </p> <hr /> <p class="article-content"><p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1702_Weblinks_web810x300_5.png" alt="" /></p> <p>Zu den h&auml;ufigsten Tumoren, die mit diesen Methoden untersucht werden, z&auml;hlen unter anderem Mammakarzinome, nicht kleinzellige Lungenkarzinome, zahlreiche h&auml;matologische Malignome, gastrointestinale Stromatumoren und &ndash; last, but not least &ndash; kolorektale Karzinome. In der Tat ist das kolorektale Karzinom ein Musterbeispiel, wie europaweit in kurzer Zeit eine fl&auml;chendeckende molekularpathologische Analytik etabliert werden kann, die eine optimale Versorgung der Patienten sicherstellt.</p> <h2>Pr&auml;analytik</h2> <p>Die gewebsbasierende molekulare Analyse besteht aus mehreren Schritten, wobei am Anfang immer die klinische Fragestellung steht. Bei einem Patienten mit bereits metastasiertem Kolonkarzinom w&auml;re dies zum Beispiel eine beabsichtigte Therapie mit Antik&ouml;rpern gegen den &bdquo;epidermal growth factor receptor&ldquo; (EGFR). Die Aufgabe des Pathologen besteht nun in der Auswahl des relevanten Tumorgewebes. Hierbei stellt sich die Frage, ob die Untersuchung am Prim&auml;rtumor oder an einer eventuell bereits biopsierten Metastase stattfinden soll. Entsprechend den international g&uuml;ltigen Richtlinien soll Material aus einer Metastase bevorzugt werden, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass dadurch die Diagnostik nicht verz&ouml;gert wird. Vor allem bei Lebermetastasen von Kolonkarzinomen hat sich herausgestellt, dass eine &auml;u&szlig;erst hohe Konkordanz zwischen dem Prim&auml;rtumor und der Metastase in Bezug auf den Mutationsstatus der RAS-Gene zu finden ist. Daher ist in diesem Fall die Untersuchung des Prim&auml;rtumors ausreichend, wenn kein Material aus einer Metastase vorhanden ist. Nach der Auswahl des geeigneten Tumorgewebes wird ein relevantes Areal markiert, &uuml;blicherweise an einem mit H&auml;matoxylin-Eosin-gef&auml;rbten Gewebsschnitt (Abb. 1).<br />Hierbei m&uuml;ssen nekrotische Areale vermieden werden, generell sollten Tumor&shy;areale ausgew&auml;hlt werden, die einen hohen Anteil an Tumorzellen aufweisen. Die Prozentzahl der Tumorzellen wird bestimmt und sollte zumindest &uuml;ber dem Zweifachen des Detektionslimits liegen, die der verwendete molekulare Assay aufweist. Die Wichtigkeit der Auswahl des relevanten Tumorgewebes zeigte sich unter anderem an einer Untersuchung unseres Institutes, in dem 950 konsekutive Proben f&uuml;r KRAS-Mutationsanalyse evaluiert wurden. Hierbei zeigte sich, dass 23 % aller Proben weniger als 20 % Tumorzellen enthielten und somit f&uuml;r die klassische Sanger-Sequenzierung nur bedingt geeignet w&auml;ren. Dank der Sensitivit&auml;t der neuen Analyseverfahren hingegen ist eine geringe absolute Anzahl von Tumorzellen kaum limitierend. In der Regel sind 100&ndash;200 Zellen f&uuml;r eine Mutationsanalyse ausreichend.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1702_Weblinks_s83.jpg" alt="" width="400" height="1076" /></p> <h2>Analysemethoden</h2> <p>Eine gro&szlig;e Anzahl unterschiedlicher Methoden wird derzeit f&uuml;r die Mutationsanalyse verwendet. Am h&auml;ufigsten werden heute noch die klassische Sanger-Technik, die Pyro-Sequenzanalyse oder Hybridisierungsmethoden sowie Schmelzpunktanalysen durchgef&uuml;hrt. Diese werden jedoch in steigendem Ma&szlig; durch sogenannte Next-Genera&shy;tion-Sequenziermethoden (NGS) abgel&ouml;st. Mit deren Hilfe ist es m&ouml;glich, in einem Analyseverfahren viele Millionen von DNA-Abschnitten auf Ver&auml;nderungen (Mutationen) zu untersuchen. Zu Beginn der RAS-Testung f&uuml;r das Kolonkarzinom (etwa in den Jahren 2009 bis 2013) war es noch ausreichend, lediglich die Codons 12 und 13 des KRAS-Gens zu analysieren. Weitere Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass auch andere Codons des KRAS-Gens (59 bis 61, 117 und 146) sowie die &auml;quivalenten Codons des NRAS-Gens gleicherma&szlig;en ein fehlendes Therapieansprechen vorhersagen k&ouml;nnen. Aus diesem Grund haben sich Multiplexanalysen durchgesetzt. Bei den heute relativ h&auml;ufig verwendeten &bdquo;Hotspot Panels&ldquo; werden neben den relevanten Abschnitten der KRAS- und NRAS-Gene noch weitere Gene untersucht, die in Zukunft f&uuml;r die molekulare Diagnostik des Kolonkarzinoms von Bedeutung sein werden. So ist z.B. die Analyse des BRAF-Gens als negativer Pr&auml;diktor bereits gut etabliert. Es ist zu erwarten, dass die Analyse weiterer Gene, wie z.B. des TP53-Gens, Bedeutung erlangen wird. Eine ausf&uuml;hrliche Beschreibung der verschiedenen Methoden ist aus Platzgr&uuml;nden hier nicht m&ouml;glich. Wichtig ist es jedoch festzuhalten, dass die Analysemethoden eine sehr zuverl&auml;ssige Mutationsdiagnostik erm&ouml;glichen, sodass in diesem Bereich extrem selten Fehler auftreten.</p> <h2>Der molekularpathologische Befund</h2> <p>Vor der endg&uuml;ltigen Diagnose wird der abschlie&szlig;ende Gewebsschnitt untersucht, welcher nach den Schnitten, die f&uuml;r die molekulare Analyse verwendet wurden, hergestellt wurde. Dadurch wird sichergestellt, dass ad&auml;quates Tumormaterial f&uuml;r die molekularpathologische Analyse verwendet wurde. Von besonderer Bedeutung ist es, den Prozentsatz der mutierten Allele in Bezug zum Prozentsatz der Tumorzellen zu setzen. Dies dient als Plausibilit&auml;tskontrolle und sollte in den meisten F&auml;llen (unter Voraussetzung eines euploiden Tumorgewebes) ca. die H&auml;lfte des Prozentsatzes der Tumorzellen betragen. Dies deshalb, weil RAS-Mutationen &uuml;blicherweise heterozygot auftreten. In einigen Tumoren finden sich jedoch Abweichungen, diese k&ouml;nnen durch eine Aneuploidie (Vermehrung von Chromosomen) oder eine selektive Amplifikation des RAS-Genlokus bedingt sein. Wenn keine Mutation gefunden wird und der Prozentsatz der neoplastischen Zellen unter dem Doppelten des Detektionslimits des Assays liegt, muss diese Einschr&auml;nkung in der Diagnose vermerkt werden, da ein falsch negatives Ergebnis nicht ausgeschlossen werden kann. In diesem Fall sollte eine andere Tumorgewebsprobe zur Analyse verwendet werden.</p> <h2>Qualit&auml;tssichernde Ma&szlig;nahmen</h2> <p>Bei Analysen, die eine derartig hohe Bedeutung f&uuml;r die Diagnostik und Therapie haben, sind qualit&auml;tssichernde Ma&szlig;nahmen unerl&auml;sslich. Die ersten europaweiten Ringversuche zur molekularpathologischen Diagnostik des Kolonkarzinoms wurden bereits im Jahr 2008 von der European Society for Pathology vorgeschlagen und werden seither j&auml;hrlich durchgef&uuml;hrt. Zu erw&auml;hnen ist, dass bereits beim ersten derartigen Ringversuch alle zehn teilnehmenden &ouml;sterreichischen molekularpathologischen Laboratorien s&auml;mtliche Proben korrekt analysieren konnten. Neben den Ringversuchen, bei denen Tumorproben an die teilnehmenden Laboratorien verschickt und analysiert werden, ist auch der Vergleich des im jeweiligen Labor gefundenen Mutationsspektrums mit den Resultaten der anderen Laboratorien von gro&szlig;er Bedeutung. Zu diesem Zweck wurde von der &Ouml;sterreichischen Gesellschaft f&uuml;r Pathologie ein Register erstellt, in welches in Zukunft alle in &Ouml;sterreich t&auml;tigen molekularpathologischen Laboratorien ihre Daten eingeben k&ouml;nnen. Dieses in Europa noch einzigartige Register stellt einen weiteren Schritt zur Sicherung der Qualit&auml;t in der molekularpathologischen Diagnostik dar.</p> <h2>Neue Methoden &ndash; zirkulierende Tumor-DNA</h2> <p>Als Alternative k&ouml;nnte sich in Zukunft die Analyse zirkulierender Tumor-DNA anbieten. Diese ist beim Lungenkarzinom schon relativ gut etabliert. Beim Dickdarmkarzinom liegen daf&uuml;r allerdings noch keine ausreichenden Daten vor. Erste Untersuchungen haben jedoch zum Beispiel gezeigt, dass bei Patienten mit kolorektalem Karzinom im Stadium II das Vorhandensein zirkulierender Tumor-DNA einen &auml;u&szlig;erst schlechten unabh&auml;ngigen prognostischen Faktor darstellt. In jedem Fall ist zur Untersuchung zirkulierender Tumor-DNA die Verwendung sehr sensitiver Analysemethoden notwendig.</p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Die molekularpathologische Untersuchung ist ein essenzieller Bestandteil in der Diagnostik von Tumorgewebe f&uuml;r die personalisierte Medizin (Pr&auml;zisionsmedizin).</p> </div></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>beim Verfasser</p> </div> </p>
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