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Allergie

Allergene sind in der Luft

<p class="article-intro">Allergien sind weiter auf dem Vormarsch. In Europa gibt es rund 80 Millionen Menschen, deren Immunsystem durch meist harmlose Umweltstoffe, wie Proteine auf und in Pollenkörnern, fehlgeleitet wird. Speziell bei Pollenallergien steigt nicht allein die Anzahl an Betroffenen kontinuierlich an, sondern auch die Schwere der Erkrankung. Neben genetischen Faktoren spielen auch Umwelteinflüsse eine maßgebliche Rolle. Asthma bronchiale kann die Folge sein.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>Pflanzen wehren sich</h2> <p>Durch negative Umweltfaktoren entwickeln Pflanzen Abwehrmechanismen, die das &Uuml;berleben der Pflanze sichern sollen. Durch eine Art Stressreaktion werden mehr Allergene gebildet und schlie&szlig;lich auch freigesetzt.<sup>1</sup> Wie die Umweltmedizinerin Univ.-Prof. Dr. Claudia Traidl-Hoffmann, M&uuml;nchen und Augsburg, berichtete, haben Laborversuche und Freilandstudien an der Technischen Universit&auml;t M&uuml;nchen gezeigt, dass gro&szlig;e Mengen an Umweltschadstoffen in der Luft das Pflanzenwachstum und damit die Pollenproduktion beschleunigen k&ouml;nnen. Regionale Unterschiede in der Pollenproduktion sowie die zus&auml;tzliche Belastung durch Schadstoffe f&uuml;hrt teils zu erheblicher Mehrbelastung der Allergiker. Auffallend ist dabei, dass im l&auml;ndlichen Raum 1 % mehr Pollen fliegen, w&auml;hrend im Stadtgebiet die Pollenzahl sogar um 3 % angestiegen ist.</p> <h2>Wenn sich Pollen und Feinstaub treffen</h2> <p>Auch Feinstaub versetzt das Immunsystem in erh&ouml;hte Alarmbereitschaft. Studien zeigen, dass Feinstaub die Lungenfunktion beeintr&auml;chtigen, den Medikamentenbedarf erh&ouml;hen, Einfluss auf die Bildung von allergenspezifischen IgE-Antik&ouml;rpern im Blut haben und so das Allergierisiko verst&auml;rken kann. Dazu k&ouml;nnen sich besonders Dieselru&szlig;partikel an die Oberfl&auml;che von Pollen anheften und dem Korn verfr&uuml;ht den Impuls zum Auskeimen geben. An der Nasenschleimhaut angelangt, geben die Pollenk&ouml;rner unges&auml;ttigte Fetts&auml;uren (pollenassoziierte Lipidmediatoren, PALM) frei, die den Allergenen den Weg bahnen und zus&auml;tzliche Entz&uuml;ndungen f&ouml;rdern. Pollen von Pflanzen in schadstoffbelasteten Gebieten setzen verst&auml;rkt hochaktive PALM frei. Das k&ouml;nnte eine Erkl&auml;rung daf&uuml;r liefern, warum St&auml;dter, die dem gef&auml;hrlichen Mix aus Stickoxiden und Ozon am meisten ausgesetzt sind, h&auml;ufiger unter allergischem Schnupfen und Asthma bronchiale leiden als Menschen am Land.<sup>1</sup></p> <h2>Klimawandel verl&auml;ngert Pollensaison</h2> <p>Gef&auml;hrliche Treibhausgase wie Ozon tragen zum Klimawandel bei und verl&auml;ngern die Leidensdauer der Pollengeplagten. Nicht nur, dass die Winter w&auml;rmer werden und die Bl&uuml;hzeiten sich nach vorne verschieben, durch das w&auml;rmere Klima breiten sich auch verst&auml;rkt neue Pollenarten aus, wie die der hochallergenen Ambrosia. Die Folge ist ein nahezu ganzj&auml;hriger Pollenflug mit vermehrt allergen wirkendem Bl&uuml;tenstaub (Abb. 1).<sup>2</sup> <br /> Es ist zu erwarten, dass der Trend zu mehr Pollenallergie weitergeht, wenn nicht durch nachhaltiges Umweltmanagement gegengesteuert wird.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros Digital_Derma_1720_Weblinks_abb1.png" alt="" width="413" height="400" /></p> <h2>Asthma durch Luftverschmutzung</h2> <p>In &Ouml;sterreich leiden mindestens 5 % der Erwachsenen unter Asthma bronchiale, bei Kindern ist die H&auml;ufigkeit mit 10 % fast doppelt so hoch,<sup>3</sup> erl&auml;uterte der Pulmologe Univ.-Doz. Dr. Felix Wantke vom Floridsdorfer Allergiezentrum (FAZ), Wien. Als h&auml;ufigste Ausl&ouml;ser sind Allergien gegen Gr&auml;ser- und Baumpollen, Hausstaubmilben, Tierhaare und Schimmelpilzsporen bekannt.</p> <p>Feinstaub ist eine Mischung aus verschieden gro&szlig;en festen und fl&uuml;ssigen Teilchen unterschiedlicher chemischer Zusammensetzung und z&auml;hlt zu den sch&auml;dlichsten Schadstoffen in der Luft. Die Partikel sind zum Teil so klein, dass sie sehr tief in die Lunge eindringen und zu Inflammationen f&uuml;hren. Je h&ouml;her die Konzentration, desto gr&ouml;&szlig;er ist das Gesundheitsrisiko. In &Ouml;sterreich werden die Feinstaubgrenzen gelegentlich &uuml;berschritten, doch bereits unterhalb dieser festgelegten Grenzen kann es zu gesundheitlichen Problemen kommen. Das zeigen Tage mit starken Feinstaubwerten, an denen es vermehrte Bronchitisf&auml;lle und Hospitalisierungen gibt. Laut WHO werden bei uns j&auml;hrlich etwa 15.000 Asthmaanf&auml;lle als Folge von Luftverschmutzung ausgel&ouml;st.<sup>4</sup></p> <h2>Gef&auml;hrliche Autoabgase</h2> <p>Wohnt man an einer stark befahrenen Stra&szlig;e, muss man mit dem vermehrten Auftreten von Atemwegserkrankungen rechnen. Studien belegen, dass verkehrsbedingte Stickstoffdioxidbelastung (NO<sub>2</sub>) bei Kindern und Jugendlichen zu Asthma mit seinen typischen Symptomen f&uuml;hrt.<sup>3, 5</sup> Ausschlaggebend scheint dabei auch die Zusammensetzung der Schadstoffmischung zu sein: In Wohngebieten mit hoher Schwefeldioxid- (SO<sub>2</sub>) und Stickstoffdioxid-Konzentration war das Asthmarisiko deutlich h&ouml;her als in Gegenden mit hoher SO2- und m&auml;&szlig;iger NO<sub>2</sub>-Belastung. Eine rezente Studie untersuchte die Exposition und Inhalation von Ru&szlig;partikeln, CO und Feinpartikeln bei Radfahrern und kam zu dem Schluss, dass Radfahrer verglichen mit Autofahrern und Ben&uuml;tzern von &ouml;ffentlichen Verkehrsmitteln der gr&ouml;&szlig;ten Belastung ausgesetzt sind.<sup>6</sup> Radfahren scheint also doch nicht unbegrenzt gesund zu sein.</p> <h2>Allergiekarenz</h2> <p>Besteht einmal eine asthmatische Entz&uuml;ndungsreaktion, k&ouml;nnen viele unspezifische Risikofaktoren Asthmaattacken ausl&ouml;sen: kalte Luft, sportliche Bet&auml;tigung, psychische Belastung, scharfe Ger&uuml;che, Rauch, Luftschadstoffe und nat&uuml;rlich Allergene. Die wirksamste, aber leider nicht immer realisierbare Methode, um das Auftreten von Asthmasymptomen zu verhindern, besteht darin, sich ausl&ouml;senden Faktoren m&ouml;glichst wenig auszusetzen. Denn durch langfristiges und konsequentes Vermeiden ist es m&ouml;glich, dass der K&ouml;rper die Allergene wieder besser toleriert. <br /> Wichtige Unterst&uuml;tzung bei der Allergenkarenz bietet der Pollenwarndienst. Die Forschungseinrichtung an der Wiener HNO-Klinik informiert &uuml;ber die h&auml;ufigsten allergieausl&ouml;senden Pflanzen, deren aktuellen Pollenflug und erstellt Prognosen, die Alltag und Freizeitaktivit&auml;ten gut planbar machen. Neu ist, dass &uuml;ber die &bdquo;Pollen-App&ldquo; nun auch die Schadstoffbelastung abgerufen werden kann (<a href="http://www.pollenwarndienst.at" target="_blank">www.pollenwarndienst.at</a>). Dieser Service ist weltweit einzigartig und zeigt die Innovationskraft der &ouml;sterreichischen Forschungs- und Serviceeinrichtung der MUW. Die Pollen-App begleitet mehr als 265 000 Allergiker durch die Pollensaison, die mittlerweile 10 Monate dauert (Abb. 1).</p> <h2>Spezifische Immuntherapie hilft</h2> <p>Die spezifische Immuntherapie (SIT) hat als einzige Therapie das Potenzial, Asthma zu verhindern. Dabei wird das Allergen &uuml;ber einen Zeitraum von etwa drei Jahren in Form von Spritzen, Tropfen oder Tabletten zugef&uuml;hrt. Die Dosis wird langsam gesteigert, wodurch ein Gew&ouml;hnungseffekt entsteht. Das Immunsystem lernt, die Allergieausl&ouml;ser wieder zu tolerieren. F&uuml;r die Spritzenkur konnte schon vor mehreren Jahren klar nachgewiesen werden, dass eine SIT Asthma verhindern kann. Im Rahmen der PAT(&bdquo;Preventive Allergy Treatment&ldquo;)-Langzeitstudie an Kindern mit Heuschnupfen konnte das Asthmarisiko halbiert werden. Und auch bei der Immuntherapie in Tablettenform zeigt eine neuere Studie mit &uuml;ber 800 Kindern im Alter von 5&ndash;12 Jahren nun erstmals beeindruckende Effekte. So konnte die SIT w&auml;hrend des 5-j&auml;hrigen Beobachtungszeitraums die Heuschnupfensymptome und den Medikamentenbedarf deutlich verringern. Durch die Behandlung mit der Gr&auml;sertablette konnten auch Asthmasymptome sowie der Bedarf an Asthmamedikamenten um etwa die H&auml;lfte gesenkt werden.<sup>8</sup></p> <p>Aufgrund ihrer Wirksamkeit wird die Therapie von der Weltgesundheitsorganisation WHO zus&auml;tzlich zur symptomatischen Behandlung mit Kortison und Antihistaminika empfohlen.<sup>9</sup> Erst k&uuml;rzlich wurde die spezifische Immuntherapie in die europ&auml;ischen Asthmabehandlungsrichtlinien (GINA Guidelines) aufgenommen.<sup>10</sup></p> <h2>Risiken ernst nehmen</h2> <p>Die Verschmutzung der Luft stellt ein schwerwiegendes Problem mit drastischen Ausma&szlig;en f&uuml;r die Gesundheit dar, wird jedoch nach wie vor viel zu wenig ernst genommen. Zu wenig Beachtung findet auch die spezifische Immuntherapie, trotz belegter Wirksamkeit und der einzigartigen M&ouml;glichkeit, die Entwicklung von Asthma aufzuhalten, warnte Doz. Wantke.</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: Pressekonferenz, 14. März 2017, Wien </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Obersteiner A, Gilles S et al: Pollen-associated microbiome correlates with pollution parameters and the allergenicity of pollen. PLoS One 2016; 11(2):e0149545. doi: 10.1371/journal.pone.0149545 <strong>2</strong> Beck I, Jochner S et al: High environmental ozone levels lead to enhanced allergenicity of birch pollen. PLoS ONE 2013; 8(11): e80147. doi:10.1371/journal.pone.0080147 <strong>3</strong> Studinitzka M, <a href="https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/?term=Hackl%20E%5BAuthor % 5D&amp;cauthor=true&amp;cauthor_uid=9387953">Hackl E</a>: Traffic-related NO<sub>2</sub> and the prevalence of asthma and respiratory symptoms in seven year olds. <a href="https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/9387953">Eur Respir J</a> 1997; 10(10): 2275-8 <strong>4</strong> Hutter HP, Wallner P.<a href="http://www.springermedizin.at/artikel/32593-luftverunreinigungen-und-kindergesundheit">http://www.springermedizin.at/artikel/32593-luftverunreinigungen-und-kindergesundheit</a>; 2000 <strong>5</strong> European Respiratory Society <strong>6</strong> Cepeda M et al: Levels of ambient air pollution according to mode of transport: a systematic review.Lancet Public Health 2017;2:1: e23-34 <strong>7</strong> Jacobsen et al: Specific immunotherapy has long-term preventive effect of seasonal and perennial asthma: 10-year follow-up on the PAT study. Allergy 2007: 62: 943-8 <strong>8</strong> Valovirta E et al: Design and recruitment for the GAP trial, investigating the preventive effect on asthma development of an SQ-standardized grass allergy immunotherapy tablet in children with grass pollen-induced allergic rhinoconjunctivitis. Clin Ther 2011; 33: 1537-46 <strong>9</strong> Pfarr O: Leitlinie zur (allergen-)spezifischen Immuntherapie bei IgE-vermittelten allergischen Erkrankungen. Allergo J Int 2014; 23: 282 <strong>10</strong> <a href="http://ginasthma.org" target="_blank">http://ginasthma.org</a></p> </div> </p>
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