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Zystische Fibrose (CF)

Sicherer Umgang mit Problemkeimen

<p class="article-intro">Patienten mit zystischer Fibrose zeigen aufgrund der hohen Viskosität des Schleimes im Respirationstrakt schon sehr früh eine Kolonisierung mit verschiedenen Bakterien. Infektionen mit multiresistenten Erregern (MRE) sind ebenfalls keine Seltenheit.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Je nach Alter sind bei CF-Patienten verschiedene Bakterien wie <em>Staphylococcus aureus, Haemophilus influenzae, Pseudomonas aeruginosa</em> oder <em>Stenotrophomonas maltophilia</em> nachweisbar. Zunehmend kommt es jedoch auch zu Infektionen mit MRE (Tab. 1).</p> <p>Eine Besiedelung mit MRE soll auf alle F&auml;lle verhindert werden, da in verschiedenen Studien und anhand von Registerdaten gezeigt werden konnte, dass die Lungenfunktion und die Lebenserwartung davon betroffener CF-Patienten deutlich vermindert sind. Zus&auml;tzlich stellt ein MRE-besiedelter Patient, was die Logistik eines Ambulanzbesuches oder eines station&auml;ren Aufenthaltes betrifft, eine gro&szlig;e Herausforderung dar: Alle Untersuchungen oder Konsiliarbesuche m&uuml;ssen gut organisiert werden und sind zeitlich aufwendig.</p> <p>Somit gilt es als oberstes Gebot bei MRE-Nachweis, auf alle F&auml;lle eine Eradikation zu versuchen. Zus&auml;tzlich ist bei allen Kontrollen eine Segregation erforderlich, das bedeutet eine r&auml;umliche und zeitliche Trennung von anderen Patienten.<sup>1, 2</sup> <img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Pneumo_1701_Weblinks_seite38.jpg" alt="" /></p> <h2>Hygienekonzept f&uuml;r CF-Patienten</h2> <p>In der CF-Ambulanz der Kinderklinik Wien wird folgendes Hygienekonzept f&uuml;r alle CF-Patienten umgesetzt:</p> <ul> <li>Strenge Trennung der Patienten nach Wochentagen je nach Keimbesiedelung</li> <li>Eigener Tag f&uuml;r Ambulanzbesuche von MRE-Patienten, bis 1 Jahr nach letztem Nachweis</li> <li>Seit 2009 haben alle CF-Patienten au&szlig;erhalb des Behandlungsraumes einen Mundschutz zu tragen, bei Babys und Kleinkindern ist ein Tuch vor den Kinderwagen zu spannen (Abb. 1).</li> <li>Regelm&auml;&szlig;ige H&auml;ndedesinfektion mit Schulung</li> <li>Von pers&ouml;nlichem Kontakt zwischen CF-Patienten wird abgeraten.</li> </ul> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Pneumo_1701_Weblinks_seite39_1.jpg" alt="" width="361" height="327" /></p> <p>Beim Erstnachweis eines MRE bei einem Kind mit CF ist eine gr&uuml;ndliche Aufkl&auml;rung der Eltern &uuml;ber die Notwendigkeit des sofortigen Eradikationsversuches im Rahmen eines station&auml;ren Aufenthaltes mit strikten Isolierungs- und Sanierungsma&szlig;nahmen zu Hause ein erster wichtiger Schritt. Auch eine Untersuchung der Familienmitglieder und eventueller Haustiere ist zu besprechen.</p> <p>Bisher waren alle Familien mit diesen aufwendigen Ma&szlig;nahmen einverstanden, &auml;u&szlig;erst kooperativ und interessiert, die MRE-Besiedelung zu behandeln.</p> <h2>Eradikation MRSA</h2> <ul> <li>i.v. Therapie 2 Wochen mit Vancomycin/Meropenem + Rifampicin, Anschlusstherapie mit Linezolid oral 2 Wochen</li> <li>zus&auml;tzlich lokale Therapie mit Mupirocin-Nasensalbe (Bactroban 2 % ) 3x t&auml;glich &uuml;ber 5 Tage sowie Ganzk&ouml;rperwaschungen mit Stellisept med oder Lifo Scrub 1x t&auml;glich &uuml;ber 5 Tage</li> <li>Kontrolle der Abstriche 2 Tage nach Ende der 5 Tage</li> <li>lokale Therapie &ndash; Zyklus 3x wiederholen</li> <li>Familienmitglieder und Haustiere untersuchen</li> <li>Sanierungsma&szlig;nahmen zu Hause</li> </ul> <h2>Behandlung der MRSA-positiven Familienmitglieder</h2> <ul> <li>Mupirocin-Nasensalbe (Bactroban 2 % ) 3x t&auml;glich &uuml;ber 5 Tage</li> <li>Ganzk&ouml;rperwaschungen mit Stellisept med oder Lifo Scrub 1x t&auml;glich &uuml;ber 5 Tage</li> <li>Kontrolle der Abstriche 2 Tage nach Ende der 5 Tage</li> <li>Zyklus ebenfalls 3x wiederholen</li> </ul> <h2>Sanierungsma&szlig;nahmen zu Hause</h2> <ul> <li>Grundreinigung und Fl&auml;chendesinfektion mit alkoholhaltigem Desinfektionsmittel (z.B. Mikrocid)</li> <li>Kleider mit mind. 60&deg;C waschen &ndash; optimal mit 90&deg;C; Spielzeug, Stofftiere ebenfalls; bei B&uuml;chern Fl&auml;chendesinfektion durchf&uuml;hren</li> <li>Geschirr mit 90&deg;C durchwaschen; Teppiche weg; Tiere untersuchen!</li> </ul> <p>Bisher (von 2004 bis 2016) ist bei allen 9 Kindern mit MRSA die Eradikation gelungen.</p> <h2>Eradikation ESBL (Klebsiellen, E. coli) im Respirationstrakt</h2> <ul> <li>Orale Therapie je nach Antibiogramm, z.B. Ciprofloxacin, um die Besiedelung des Respirationstraktes zu bek&auml;mpfen</li> <li>Antibiophilus fl&uuml;ssig + Empfehlung des Verzehrs von Joghurt, wobei die Literatur diesbez&uuml;glich keine signifikanten Daten zeigt</li> <li>Hygieneschulung erneuern, vor allem Toilettenhygiene mit H&auml;ndewaschen</li> <li>Stuhlkontrolle bei Familienmitgliedern</li> <li>Bei positivem Ergebnis: Antibiophilus + Joghurt</li> </ul> <p>Infektionen mit ESBL(Extended-Spectrum-Betalactamasen)-Keimen sind vor allem im extramuralen Bereich ein zunehmendes Problem und zeigen eine erh&ouml;hte Inzidenz, laut AGES wird daf&uuml;r der Selektionsdruck durch Antibiotikagebrauch extramural, vor allem von Cephalosporinen und Makroliden, aber auch der zunehmende Einsatz der Antibiotika in der Landwirtschaft als Ursache vermutet.</p> <p>Bei CF ist vor allem die Besiedelung des Respirationstraktes mit den Darmbakterien eine Indikation zu Eradikationsma&szlig;nahmen, da es hier ebenfalls zu deutlich verst&auml;rkter Verschleimung und Verschlechterung der Lungenfunktion kommt. Dies gelingt immer zu 100 % , w&auml;hrend die Sanierung des Darms &uuml;ber Monate bis Jahre dauern kann und durch langsamen Ersatz mit einer &bdquo;guten&ldquo; Darmflora versucht werden kann.</p> <div id="rot"> <p>&bdquo;Oberstes Gebot bei MRE-Nachweis ist, eine Eradikation zu versuchen. Zus&auml;tzlich ist bei allen Kontrollen eine Segregation des Patienten erforderlich.&ldquo; - Dr. Sabine Renner, Wien</p> </div> <p>Das Wichtigste ist jedoch die gebetsm&uuml;hlenartige Wiederholung der Schulung der Hygiene und des H&auml;ndewaschens nach Stuhl- oder Ges&auml;&szlig;kontakt, wie beim Wickeln oder Toilettenbesuch.</p> <h2>Eradikation von Burkholderia cepacia</h2> <p>Typischer CF-Keim, es gibt 10 Spezies mit unterschiedlicher Virulenz, allesamt sind jedoch mit einer deutlichen Verschlechterung der Lungenfunktion assoziiert.</p> <ul> <li>i.v. Therapie 2 Wochen (immer 3er-Kombination): Betalactamantibiotikum (Temocillin/Meropenem/Ceftazidim/Piperacillin/Tazobactan) in Kombination mit einem Doxycyclin und Trimethoprim/Sulfamethoxazol, kombiniert mit inhalativem Tobramycin</li> <li>Nachfolgend Aztreonaminhalation f&uuml;r 4 Wochen</li> <li>Inhalations- und Physiotherapie maximal intensivieren!</li> <li>Eventuelle Risikobelastung (Gartenarbeit etc.) besprechen</li> </ul> <p>Die prim&auml;re Eradikation gelingt im Jugendalter zu 100 % , kommt es jedoch innerhalb eines Jahres bei 30 % der Patienten zu einem Rezidiv, ist dies bei einem erneuten Eradikationsversuch ein schlechter prognostischer Parameter. Atypische Mykobakterien</p> <p>Diese sind in den letzten Jahren leider sehr in den Fokus des Interesses ger&uuml;ckt, eine Besiedelung durch die Umwelt scheint zuzunehmen, aber auch eine Infektion zwischen den Patienten kann m&ouml;glich sein, wie Ausbr&uuml;che in den USA und Gro&szlig;britannien gezeigt haben.</p> <p>Das Therapiekonzept ist sehr langwierig (bis zu 12 Monate) und oftmals nicht von Erfolg begleitet. Ein Screening zumindest 1x j&auml;hrlich wird deshalb nach den Guidelines der European Cystic Fibrosis Society (ECFS) empfohlen.</p> <h2>Ambulante Kontrollen</h2> <p>Nach gelungener Eradikation eines MRE erfolgen an der Kinderklinik die ambulanten Kontrollen der CF-Patienten bis zu 1 Jahr nach dem Letztnachweis nach den Richtlinien der Segregation.</p> <p>Gem&auml;&szlig; SOP gilt f&uuml;r alle MRE die gleiche Vorgehensweise, um eine &Uuml;berforderung aller Beteiligten zu vermeiden. Demnach wird f&uuml;r den Besuch von Patienten mit MRE ein eigener Tag vorgesehen und pro Patient 1,5h reserviert. Die Patienten werden schon im Vorhinein f&uuml;r alle Untersuchungen als &bdquo;MRE&ldquo; angemeldet. Der Isolierungsraum wird eigens gekennzeichnet und vorbereitet. Wenn m&ouml;glich, sollten alle Untersuchungen und Konsiliaria (Physiotherapie, Psychologie, Di&auml;tologie) im Isolierraum durchgef&uuml;hrt werden. Bei der H&auml;ndedesinfektion sind unbedingt die 30s Einwirkzeit einzuhalten. Die Schutzkleidung &ndash; Maske, &Uuml;berkittel und Handschuhe (Abb. 2) &ndash; sind von den Patienten f&uuml;r die Untersuchungen au&szlig;erhalb des Behandlungsraumes (Ultraschall, R&ouml;ntgen etc.) zu tragen. Alle Betreuer tragen ebenfalls Schutzkleidung (Mundschutz, Kittel, Handschuhe). Die Fl&auml;chendesinfektion sollte erst 30min nachdem das Kind die R&auml;umlichkeiten verlassen hat (und sich die Keime abgesetzt haben) durchgef&uuml;hrt werden, dabei ist unbedingt die Einwirkzeit des Desinfektionsmittels zu beachten. <br />Alle diese Ma&szlig;nahmen sind sowohl personell als auch zeitlich sehr aufwendig.Das oberste Ziel soll jedoch sein, dass sich nie ein CF-Patient im Krankenhaus oder im Kontakt mit anderen Patienten mit einem Keim infiziert und sich dadurch sein Gesundheitszustand verschlechtert. <img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Pneumo_1701_Weblinks_seite39_2.jpg" alt="" width="345" height="533" /></p> <p>In Zusammenarbeit mit dem Hygieneinstitut der MUW konnten wir zeigen, dass sich unsere Bem&uuml;hungen lohnen. Im Jahr 2013 wurden 33 (von insgesamt 150) Patienten ein- bzw. zweimal positiv auf Pseudomonas getestet, 11 Patienten wiesen eine chronische Pseudomonasbesiedelung auf. Alle Pseudomonasst&auml;mme geh&ouml;rten unterschiedlichen Genotypen an, was zeigt, dass keine Keim&uuml;bertragung im Krankenhaus stattgefunden hat.</p> <p>An dieser Stelle ist allen betroffenen Familien und allen Mitarbeitern unseres Zentrums zu danken, denn die Aufkl&auml;rung in Bezug auf die Eradikationstherapie und die Durchf&uuml;hrung der Segregationsma&szlig;nahmen sind eine gro&szlig;e Herausforderung f&uuml;r alle Ressourcen einer Klinik.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Saiman et al: Infection control and hospital epidemiol&shy;ogy. Infect Control Hosp Epidemiol 2014; 35(Suppl 1): S1-67 <strong>2</strong> RKI-Leitlinie: Anforderungen an die Hygiene bei der medizinischen Versorgung von Patienten mit cystischer Fibrose (Mukoviszidose). 2012; <a href="http://www.muko.info/forschung/therapiefoerderung/leitlinien.html" target="_blank">www.muko.info/forschung/therapiefoerderung/leitlinien.html</a>, letzter Zugriff: 20.02.2017 <strong>3</strong> Smyth AR et al: European Cystic Fibrosis Society standards of care: best practice guidelines. J Cystic Fibros 2014; 13: S23-42 <strong>4</strong> Matt B et al: Successful implementation of infection control strategies prevents P. aeruginosa transmission among cystic fibrosis patients inside the hospital. GMS Hyg Infect Control 2014; 9(3): Doc20</p> </div> </p>
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