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ERS 2016

Die Zukunft hat schon begonnen

<p class="article-intro">Eine Fülle interessanter Ansätze auf molekularer und technischer Ebene lässt auf neue Wege in Diagnostik und Therapie hoffen. Hypoxie, Rezeptor(dys)regulationen und mitochondriale Prozesse als gemeinsame Basis geben translationale Einblicke in die Pathophysiologie einer Vielzahl von Erkrankungen.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Key Points</h2> <ul> <li>Antagonisten f&uuml;r TRP-P2X3-Ionenkan&auml;le er&ouml;ffnen eine Therapieoption bei Husten.</li> <li>Vielen Lungenerkrankungen liegt eine mitochondriale Dysfunktion zugrunde.</li> <li>Chronisch intermittierende Hypoxie f&uuml;hrt zu vermehrter Sympathikusaktivierung durch ver&auml;nderte Gentranskription im Bereich der Nebennierenrinde.</li> </ul> </div> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Pneumo_1606_Weblinks_seite24.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>Nervale Prozesse bei Atemwegserkrankungen</h2> <p>Interessante Parallelen wurden zwischen den nervalen Grundlagen der Schmerzwahrnehmung zu jenen des Hustens gezogen. Der P2X3-Rezeptor, ein Ionenkanal (Teil einer gro&szlig;en Familie von ATP-abh&auml;ngigen Kan&auml;len), der durch freies ATP aktiviert wird, ist mitverantwortlich f&uuml;r die Nozizeption und ist Teil der TRPV-ATP-P2X3-Achse. Die Funktion dieses Rezeptors geht aber &uuml;ber die Nozizeption hinaus, er spielt auch eine Rolle in der Wahrnehmung des Harnblasenvolumens, in der Pl&auml;ttchenaggregation, Makrophagenaktivierung, Apoptose und neuronal-glialen Interaktionen. Die Interaktion mit dem TRPV-Kationenkanal (TRP = &bdquo;transient receptor potential channel&ldquo;, V = &bdquo;vanilloid&ldquo; = Subfamilie der TRP), der am Osmosensor-Pathway beteiligt ist, l&auml;sst Zusammenh&auml;nge auch mit der Entstehung des Hustenreizes vermuten. Exogene wie auch endogene Stimuli beeinflussen diesen Ionenkanal (insbesondere TRPV1 und 4), der seinerseits dann mit P2X3 interagiert und Hus&shy;ten ausl&ouml;st. Zugrunde liegt dieser Aktivierung die Freisetzung von ATP, welches &uuml;ber Makrophagen, Mastzellen und Fibroblasten die Glia beeinflusst und diese Kaskade in Gang setzt. Die Achse TRPV4-ATP scheint einen globalen Mechanismus f&uuml;r chronische Lungenerkrankungen darzustellen, &uuml;ber die Aktivierung von P2X7 kommen Mechanismen der Inflammation in Gang, die m&ouml;glicherweise eine Rolle in der Entstehung der COPD spielen, P2X4 ist &uuml;ber Mastzellaktivierung anscheinend an Asthma bronchiale beteiligt. Die Erkenntnisse aus diesen Zusammenh&auml;ngen er&ouml;ffnen eine Therapiem&ouml;glichkeit f&uuml;r chronischen Husten mittels Antagonisten, die an diesen Kan&auml;len blockieren.</p> <h2>Mitochondrien</h2> <p>Die Rolle von Mitochondrien in der Pathophysiologie und bei verschiedenen Ph&auml;notypen, die mit einer Reihe von Lungenerkrankungen assoziiert sind, gelangt zunehmend ins Bewusstsein. Obwohl am besten bekannt f&uuml;r ihre Funktion in der Energieproduktion sind sie zudem essenziell f&uuml;r die Regulation von Zellprozessen inklusive Zelltod und Inflammation. Mitochondriale Dysfunktion liegt den pathologischen Mechanismen einer Reihe von Lungenerkrankungen zugrunde, inklusive COPD, Asthma und Lungenkrebs. Ver&auml;nderungen im mitochondrialen Genom, Proteom und Metabolom stellen nicht nur unabh&auml;ngige pathologische Prozesse dar, sondern wirken auch synergistisch mit Mechanismen, die f&uuml;r Lungenerkrankungen pr&auml;disponieren, diese in Gang bringen bzw. verschlechtern. Wesentliche Vorg&auml;nge im Lebenszyklus von Mitochondrien sind Fusion (hervorgerufen durch erh&ouml;hten Energiebedarf) und Fission (Teilung des Mitochondriums) und anschlie&szlig;end Mitophagie des besch&auml;digten und abgespaltenen Teiles. Dieser Mechanismus wird unter anderem reguliert von PINK1 und Parkin. Fusion und Fission sind assoziiert mit der Entstehung neuer Mitochondrien und erm&ouml;glichen der Zelle, einen gesunden Pool an Mitochondrien aufrechtzuerhalten. Eine St&ouml;rung dieses Gleichgewichts f&uuml;hrt zu einer Anh&auml;ufung funktionsunt&uuml;chtiger Mitochondrien, die Signale an den Zellkern senden, die wiederum zu Telomerdysfunktion und Zelltod f&uuml;hren. Bei der COPD findet man einen Anstieg von TPP1 (&bdquo;telomerase-shelterin complex&ldquo;), was ein Zeichen f&uuml;r Mitochondrienschaden ist, sowie eine Reduktion von Parkin (mitverantwortlich f&uuml;r die Mitophagie). Mitochondrien setzen eine Reihe von &bdquo;Second messenger&ldquo;-Molek&uuml;len frei, die auch als sogenannte DAMPs (&bdquo;damage-associated molecular patterns&ldquo;) agieren k&ouml;nnen und normalerweise zur Abr&auml;umung besch&auml;digter Mitochondrien f&uuml;hren, aber auch Inflammationskaskaden in Gang setzen. Dazu geh&ouml;ren beispielsweise mROS, NFPs, Cardiolipin, TFAM, mtDNA, die ihrerseits mit Sepsis/SIRS, Trauma, COPD, IPF, Asthma, Lungenkrebs und pulmonaler Hypertonie assoziiert sind, teilweise &uuml;ber die Aktivierung des NLRP3-Inflammosoms. Erh&ouml;hte Konzentration von mtDNA ist auch mit erh&ouml;hter ICU-Mortalit&auml;t assoziiert. Ein weiteres DAMP stellt das Irp2 dar, welches den Eisengehalt in den Mitochondrien der Lunge erh&ouml;ht, was Inflammation beg&uuml;nstigt. <br />Dies wird durch Zigarettenrauch induziert und erh&ouml;ht die Suszeptibilit&auml;t f&uuml;r die Entwicklung einer COPD bzw. die St&ouml;rung der mukozili&auml;ren Clearance. Entsprechend kann mit einem Mitochondrien-Fe-Chelator (Deferipron) die Inflammation reduziert werden. Auch an der Seneszenz, einem Zustand von gealterten/dysfunktionalen Zellen, in dem diese nicht mehr stoffwechselaktiv sind, scheinen Mitochondrien, wenn sie DAMPs freisetzen, beteiligt zu sein. Grunds&auml;tzlich dient die Seneszenz der Tumorsuppression und soll das Abr&auml;umen und Ersetzen dysfunktionaler Zellen unterst&uuml;tzen. Wenn dies aber nicht ad&auml;quat funktioniert (z.B. durch Altern des Organismus), akkumulieren besch&auml;digte Proteine und aberrante Zellen und setzen die Inflammationskaskade in Gang. Auf &auml;hnlichem Weg f&uuml;hren aberrante Alveolarepithelzellen (AEC-II) bei IPF auch zum Honeycombing, hier findet sich auch eine Reduktion von PINK1. Die Telomerfunktion ist von diesen Mechanismen ebenfalls betroffen.</p> <h2>Hypoxie</h2> <p>Das Glomus caroticum ist der periphere Hauptsensor f&uuml;r den arteriellen O2-Gehalt und dessen &Auml;nderungen und vermittelt reflexhaft die kardiale, vaskul&auml;re und respiratorische Antwort auf Hypoxie. Chronische, intermittierende Hypoxie f&uuml;hrt zu einer verminderten Expression von anti&shy;oxidativen Enzymen (Reduktion von HIF-2) und einer vermehrten Auspr&auml;gung oxidativer Enzyme (Aktivit&auml;tszunahme von HIF-1) und schlie&szlig;lich einer Zunahme von ROS. Diese gesteigerte Hypoxieantwort des Glomus caroticum hat vermehrten neuronalen Input Richtung Nebennierenrinde und Medulla mit einer Dysbalance von pro- und antioxidativen Enzymgenen zur Folge, was letztlich zu vermehrter Sympathikusaktivierung und Katecholaminaussch&uuml;ttung mit Entwicklung einer arteriellen Hypertonie f&uuml;hrt. Die molekulare Grundlage der Gendysbalance ist auf ver&auml;nderte DNA-Methylierung zur&uuml;ckzuf&uuml;hren. Hypomethylierende Substanzen k&ouml;nnten daher in Zukunft eine Therapieoption darstellen.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>&bull;&thinsp;Belvisi MG et al: Neurophenotypes in airway diseases. Am J Respir Crit Care Med 2016; 193(12): 1364-72 &bull;&thinsp;Abdulqawi R et al: P2X3 receptor antagonist (AF-219) in refractory chronic cough: a randomised, double-blind, placebo-controlled phase 2 study. Lancet 2015; 385: 1198-205 &bull;&thinsp;Cloonan SM et al: Mitochondria in lung disease. J Clin Invest 2016; 126(3): 809-20 &bull;&thinsp;L&oacute;pez-Ot&iacute;n C et al: The hallmarks of aging. Cell 2013; 153(6): 1194-217 &bull;&thinsp;Nanduri J et al: Epigenetic regulation of redox state mediates persis&shy;tent cardiorespiratory abnormalities after long-term intermittent hypoxia. J Physiol 2016. doi: 10.1113/JP272346 [Epub ahead of print] &bull;&thinsp;Prabhakar NR: Carotid body chemoreflex: a driver of autonomic abnormalities in sleep apnoea. Exp Physiol 2016; 101(8): 975-85</p> </div> </p>
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