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Rehabilitation nach Schlaganfall

<p class="article-intro">In Österreich erleiden jährlich etwa 24.000 Menschen einen Schlaganfall, welcher nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs die dritthäufigste Todesursache darstellt. Schlaganfall ist aber auch die häufigste Ursache für eine bleibende Behinderung im Erwachsenenalter. Somit stellen neben der Akutversorgung und Sekundärprävention die Frühmobilisation/-rehabilitation und Rehabilitation wesentliche Faktoren im modernen Management des Schlaganfalles dar.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, steigt mit zunehmendem Alter. Etwa 80 % der Patienten sind &auml;lter als 60 Jahre, betroffen sind jedoch auch junge Erwachsene und Kinder. Die Prognose des Schlaganfalles hat sich in den letzten Jahren durch eine Spezialisierung der Akuttherapie und Rehabilitation wesentlich verbessert. Die Behandlung des Schlaganfalls erfolgt prim&auml;r an der Stroke Unit und in weiterer Folge an der neurologischen Station des Akutkrankenhauses nach dem &bdquo;Comprehensive stroke unit&ldquo;-Konzept. Dieses Konzept definiert das Management des Schlaganfallpatienten in der gesamten Versorgungskette. Es umfasst die Akut- und Subakuttherapie des Schlaganfalls mit Rekanalisierung (Thrombolysetherapie, neuroradiologische Intervention), das apparative Monitoring (Initialphase), die &auml;tiologische Abkl&auml;rung des Schlaganfalles sowie die individuell notwendige medizinische Therapie in Form einer koordi&shy;nierten, multiprofessionellen und interdisziplin&auml;ren Teamarbeit.</p> <p>&Uuml;berlappend wird gleichzeitig die Fr&uuml;hrehabilitation eingeleitet, die sogenannte &bdquo;Phase B&ldquo; im Phasenmodell der Rehabilitation, welche einen wesentlichen Teil des &bdquo;Comprehensive stroke unit&ldquo;-Konzepts darstellt. Es konnte wissenschaftlich nachgewiesen werden, dass es durch dieses Konzept zu einer signifikanten Reduktion der Mortalit&auml;t (absolute Risikoreduktion, RR: 14 % ) sowie der Notwendigkeit einer Versorgung im Pflegeheim (absolute RR: 18 % ) kommt.</p> <h2>Fr&uuml;hrehabilitation</h2> <p>Im Therapiekonzept der Fr&uuml;hrehabilitation kommen bei verschiedensten neurologischen Funktionsst&ouml;rungen spezielle Therapieformen zur Anwendung, wobei der Wirksamkeitsnachweis dieser Therapien in Form ausreichend gro&szlig;er klinischer randomisiert kontrollierter Studien (RTD) gegeben ist.</p> <p>Die Verbesserung von Bewusstseinsst&ouml;rungen bzw. schweren Vigilanzst&ouml;rungen ist die Voraussetzung daf&uuml;r, dass Patienten rehabilitationsf&auml;hig werden. In erster Linie wird eine afferente Stimulation durch fr&uuml;hzeitige Vertikalisierung und vestibul&auml;re Reizung durchgef&uuml;hrt, gleichzeitig ist die pharmakologische Stimulierung wesentlicher Teil des Therapiekonzepts. Die beste Wirksamkeit konnte in einer internationalen multizentrischen Studie (RCT) f&uuml;r Amantadin nachgewiesen werden. Zudem wird die Wirksamkeit anderer pharmakologischer Therapien, transkranieller Magnetstimulation, tiefer Hirnstimulation und Musiktherapie in offenen Studien oder Fallserien beschrieben.</p> <p>Die Patientenlagerung spielt in der Vermeidung von Kontrakturen, Dekubitus und pulmonalen Komplikationen eine wesentliche Rolle.</p> <p>Evaluierung und Therapie neurogener Dysphagien stellen insgesamt einen wesentlichen Aspekt der Fr&uuml;hrehabilitation dar. In das interdisziplin&auml;re Dysphagiemanagement sind das &auml;rztliche Team, Logop&auml;den und ein neurorehabilitativ geschultes Pflegeteam eingebunden. Die Entw&ouml;hnung von Trachealkan&uuml;len beinhaltet die bildgebende Schluckdia&shy;gnostik sowie die intensive logop&auml;dische Therapie mit speziellem Trachealkan&uuml;lenmanagement. In der Nahrungsaufnahme bestehen h&auml;ufige orale Koordinationsprobleme, was zu einer starken Aspirationsgefahr mit hoher Pneumonieinzidenz f&uuml;hrt. Durch spezielle logop&auml;dische Therapien werden symptomspezifische Kompensationstechniken systematisch erlernt und die Wiedererlangung einer normalen oralen Ern&auml;hrung angestrebt.</p> <p>Bez&uuml;glich des Rehabilitationsverlaufes konnte in multizentrischen Studien nachgewiesen werden, dass in der Fr&uuml;h&shy;rehabilitation immer schwerer betroffene intensivpflichtige Patienten versorgt werden. Im Langzeitverlauf dieser Patienten (Phase B) zeigte sich, dass Faktoren wie ein weiter bestehendes Tracheostoma die &Uuml;berlebenswahrscheinlichkeit erwartungsgem&auml;&szlig; verringern. Beaufsichtigungspflichtige Schluckst&ouml;rungen sowie schwere Verst&auml;ndigungsst&ouml;rungen erh&ouml;hen das Risiko f&uuml;r ein ung&uuml;nstiges Outcome in Bezug auf die Selbstst&auml;ndigkeit und gesundheitsbezogene Lebensqualit&auml;t. <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_DAM_Allgemeinm_1609_Weblinks_seite24_1.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>Neurorehabilitation der Phase C</h2> <p>Die weitere Neurorehabilitation wird durch die Schwere des Schlaganfalles und die Komplexit&auml;t der neurologischen Funktionsausf&auml;lle bestimmt. Im Vordergrund stehen motorische Defizite, apraktische St&ouml;rungen, eine Neglect-Symptomatik bzw. Aufmerksamkeitsst&ouml;rung, Pusher-Symptomatik sowie aphatische St&ouml;rungen. Die Dauer und Intensit&auml;t einer Neurorehabilitation sind Pr&auml;diktoren f&uuml;r die funktionelle Verbesserung der Patienten, wobei die Therapieintensit&auml;t mit dem Grad der Verbesserung korreliert.</p> <p>Entsprechend den Leitlinien zur Rehabilitation der Mobilit&auml;t nach Schlaganfall (DGNR, ZVK) sind verschiedene Zielkriterien definiert: Wiederherstellung und Verbesserung der Gehf&auml;higkeit, Erh&ouml;hung der Gehgeschwindigkeit und Verbesserung der Balance. Voraussetzung f&uuml;r die Erlangung der Gehf&auml;higkeit nicht gehf&auml;higer Patienten sowie des funktionellen Einsatzes der oberen Extremit&auml;t ist eine ausreichende Rumpfstabilit&auml;t. Vertikalisierung sowie intensives Stand- und Gangtraining sind das wesentliche Therapieprinzip, dies kann durch verschiedene intensiv durchgef&uuml;hrte Therapiekonzepte (Bobath, PNF, Affolter etc., vorwiegend Einzeltherapien) erreicht werden. Gerade in diesem Rahmen ist der Einsatz robotikgest&uuml;tzter Techniken effektiv und hilfreich. Es kommen verschiedenste Systeme wie Erigo, Lokomat (Abb. 1), Gangtrainer oder Hirob zum Einsatz. Bei der Verbesserung der Gehf&auml;higkeit und der Geschwindigkeit werden gleiche Therapiekonzepte mit intensiver Physiotherapie angewendet, im Bereich der ger&auml;tegest&uuml;tzten Techniken kommt vermehrt das Laufband zum Einsatz.</p> <p>In der Rehabilitation der Parese der oberen Extremit&auml;t werden verschiedenste Therapiekonzepte angewendet, wobei die Entscheidung f&uuml;r die Therapieform von der Schwere der Parese abh&auml;ngig ist. Die F&ouml;rderung der bestm&ouml;glichen Armaktivit&auml;t im Alltag (Greiffunktion, funktioneller Einsatz der Hand/oberen Extremit&auml;t etc.) ist die wesentliche Voraussetzung, im Bereich der &bdquo;activities of daily living&ldquo; (ADL) eine gr&ouml;&szlig;tm&ouml;gliche individuelle Handlungsf&auml;higkeit zu erreichen.</p> <p>Bei schweren L&auml;hmungen wird beim Armbasistraining (APT) die Bewegungsm&ouml;glichkeit des Armes bis an die Grenze be&uuml;bt, bei leichten Paresen ist es das Ziel, den bestm&ouml;glichen funktionellen Einsatz der oberen Extremit&auml;t zu erreichen. Hierbei hat das aufgabenorientierte Training einen hohen Stellenwert. Der gleichzeitige Einsatz robotikgest&uuml;tzter Techniken wie Armeo (Abb. 2) und Amadeo ist wesentlicher Teil der Therapie.</p> <p>Die Spiegeltherapie zielt darauf ab, bestimmte f&uuml;r die Motorik notwendige Hirnareale durch die Aktivierung der Spiegelneuronen in ihrer Funktion anzuregen. Bei der &bdquo;constraint-induced movement therapy&ldquo; (CIMT) oder &bdquo;forced use&ldquo; wird durch den erzwungenen forcierten Gebrauch des teilgel&auml;hmten Armes eine Modifizierung im Sinn eines vermehrten Einsatzes des Armes im Alltag erreicht.</p> <p>Das Neurofeedback-gest&uuml;tzte Bewegungsvorstellungstraining ist ein mentales Training, bei dem der Proband explizit die Aufgabe bekommt, sich Bewegungen vorzustellen und in einem zweiten Schritt auszuf&uuml;hren. Dadurch sollen eine Aktivierung motorischer Bewegungsschablonen und somit eine Verbesserung der Bewegungsausf&uuml;hrungen erreicht werden. Die Therapieformen setzen bestimmte kognitive F&auml;higkeiten des Patienten voraus. Insgesamt sind in der Therapie der oberen Extremit&auml;t verschiedenste Therapieans&auml;tze und Konzepte gegeben, die in erg&auml;nzender Form angewendet werden.</p> <p>Bei einem Drittel aller Schlaganf&auml;lle ist eine Neglect-Symptomatik gegeben. Sie manifestiert sich in der Nichtbeachtung einer K&ouml;rperh&auml;lfte, einer verminderten Such- und Explorationsbewegung auf einer Raumseite, einer verminderten auditiven Aufmerksamkeit f&uuml;r eine Seite und f&uuml;hrt zu einer erheblichen Beeintr&auml;chtigung der Alltagsfunktionen (Ankleiden, Rollstuhltransfer, Lesen, Schreiben etc.). Das visuelle Explorationstraining, die Aktivierung des Aufmerksamkeitssystems im gesch&auml;digten Bereich z.B. durch Bewegung des betroffenen Armes und die motorische Imagination stellen die wesentlichen Therapieans&auml;tze dar. In kleinen Fallzahlen konnte die transkortikale repetitive Magnetstimulation zu einer Verbesserung f&uuml;hren. <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_DAM_Allgemeinm_1609_Weblinks_seite24_2.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <p>In der Aphasietherapie ist die hochfrequente klassische Sprach&uuml;bungstherapie in ihrer Wirksamkeit durch entsprechende Studien belegt. Computerbasiertes hochfrequentes Benenntraining und die &bdquo;constraint-induced aphasia ther&shy;apy&ldquo; (CIAT) stellen neue Therapieans&auml;tze dar.</p> <p>Die pharmakologische Stimulierung hat in der neurologischen Rehabilitation einen hohen Stellenwert. Vorwiegend werden selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI), L-Dopamin, Amantadin, Antidementiva und Amphetamine eingesetzt, f&uuml;r SSRI, Amantadin und L-Dopamin besteht eine gute Datenlage.</p> <p>Die neurologische Rehabilitation hat sich in den letzten Jahren wesentlich weiterentwickelt. Durch gro&szlig;e multizentrische Studien konnte die Evidenz der verschiedenen neurologischen Rehabilitationsverfahren zunehmend besser dargelegt werden. Aufgrund der Komplexit&auml;t des Schlaganfalles konnte hier nur ein Teilbereich der spezifischen neurologischen Rehabilitation dargestellt werden.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>bei den Verfassern</p> </div> </p>
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