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Partydrogen bei Patienten unter antiretroviraler Therapie (ART)

Welche Interaktionen sind zu beachten?

<p class="article-intro">Substanzgebrauch ist in der Therapie der HIV-Infektion wieder ein Gesprächsthema. Früher waren es Opiate, Crack und Kokain. In den letzten Jahren sind MDMA, Ketamin, Benzodiazepine (z.B. Diazepam) und Poppers sowie die Chemsex-Substanzen Crystal Meth, Mephedron (Badesalz) und GBL/GHB (G, Liquid Ecstasy) dazugekommen.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Key Points</h2> <ul> <li>Mit dem Gebrauch von Chemsex-Drogen steigt auch das allgemeine &shy;Infektionsrisiko.</li> <li>Vor allem mit Ritonavir- und Cobicistat-geboosterten Regimen treten schwere Wechselwirkungen auf.</li> <li>Ein offenes Gespr&auml;ch mit Substanzgebrauchern ist Voraussetzung f&uuml;r eine &shy;optimale Beratung.</li> </ul> </div> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Infekt_1603_Weblinks_seite14.jpg" alt="" width="549" height="519" /></p> <p>Die Substanzen werden vielfach auf Club- und Hauspartys konsumiert, werden als Stimulanzien beim Sex eingesetzt und wirken oft &uuml;ber das ganze Wochenende.<sup>1</sup> Laut einer soziodemografischen Studie aus England, an der 2.248 HIV-infizierte homo- und bisexuelle M&auml;nner (MSM) teilnahmen, berichteten 50,6 % der Patienten &uuml;ber den Gebrauch von Substanzen in den vergangenen drei Monaten. Ein Viertel davon gab an, h&auml;ufig drei oder mehr Substanzen gleichzeitig konsumiert zu haben.<sup>2</sup></p> <h2>Ver&auml;nderung des Fokus</h2> <p>Unter dem Einfluss von Chemsex-Drogen kann die Anzahl der Sexualkontakte von MSM auf bis zu 15 an einem Abend steigen. Die meisten Konsumenten dieser Drogen ersetzen feste Partnerschaften durch &bdquo;kalte Sexbeziehungen&ldquo;. Diese Gruppe unterscheidet sich deutlich von jenen MSM, die Cannabis oder Ecstasy konsumieren. F&uuml;r Letztere sind Kommunikation und das Sprechen &uuml;ber ihre Gef&uuml;hle weitaus bedeutender. In der &bdquo;56 Dean Street&ldquo;, einer Klinik in London, setzt man sich daher intensiv mit dem Thema &bdquo;sober sex&ldquo; (Sex ohne Drogen) auseinander. Ausgebildete Coaches f&uuml;hren dabei mit ihren Patienten l&ouml;sungsfokussierte Kurzzeittherapiegespr&auml;che, die zu einer &Auml;nderung der Lebensweise f&uuml;hren sollen.<sup>3</sup></p> <h2>Aufkl&auml;rung bez&uuml;glich Risikominimierung von Infektionen</h2> <p>Sex mit wechselnden Partnern &uuml;ber mehrere Tage hinweg stellt eine extreme Belastung f&uuml;r die Schleimh&auml;ute dar und erh&ouml;ht das Infektionsrisiko. Au&szlig;erdem werden Drogen vermehrt intraven&ouml;s appliziert (&bdquo;geslammt&ldquo;), was alle Risiken, die mit unsauberem Injizieren und dem Tausch von Spritzutensilien einhergehen, mit sich bringt (Infektion mit HIV/Hepatitis C, Spritzenabszesse etc.).<sup>4</sup><br /> <br /> Das erh&ouml;hte Risiko f&uuml;r sexuell &uuml;bertragbare Krankheiten (STD) f&uuml;hrte besonders in Gro&szlig;st&auml;dten wie London, Berlin, San Francisco, Los Angeles und Sydney zu einer Expansion der HIV-Epidemie. Vor allem nach dem Aufkommen von Mephedron breiteten sich riskante Sexpraktiken aus. Es wird von einer schlechten Therapie-Compliance am Wochenende ausgegangen. Daher ist bei HIV-Patienten unter ART, die Partydrogen konsumieren, vermehrt auf Resistenzen zu achten.<sup>1</sup></p> <h2>Interaktionspotenzial</h2> <p>Auch wenn in der Literatur nur einige wenige fatale F&auml;lle beschrieben sind, die auf das Interaktionspotenzial zwischen der ART und den verschiedenen Suchtmittelsubstanzen zur&uuml;ckzuf&uuml;hren sind, gibt es dennoch pharmakokinetische Hinweise auf ein erh&ouml;htes Interaktionspotenzial.<br /> <br /> Vor allem bei Kombination mit den Proteasehemmern, die mit Ritonavir oder Cobicistat geboostert werden, sowie dem geboosterten Integrasehemmer Elvitegravir ist Vorsicht geboten. Denn Ritonavir und Cobicistat hemmen die Isoenzyme CYP2D6 und CYP3A4 in der Leber. Dadurch werden die Substanzen verlangsamt abgebaut und es k&ouml;nnen vermehrt Nebenwirkungen auftreten. Bei den NNRTI wird der gegenteilige Effekt erwartet, also reduzierte Substanzspiegel.<sup>1</sup><br /> Mit den NRTI und den Integrasehemmern Raltegravir und Dolutegravir, die nicht geboostert werden, sind weniger Interaktionen zu bef&uuml;rchten. Zu den Substanzen mit geringem Interaktionspotenzial mit der ART z&auml;hlen Alkohol, Cannabis, Opioide und Nitrate.<sup>1</sup><br /> <br /> Im Folgenden wird kurz auf die verschiedenen Substanzen eingegangen.</p> <h2>Crystal Methamphetamin (Crystal Meth)</h2> <p>Dieses Psychostimulans wird wahrscheinlich von 25 Mio. Menschen eingenommen und &uuml;bertrifft damit Heroin und Kokain an Beliebtheit. Es wird geraucht, geschnupft oder injiziert, oft mit Mephedron und GHB kombiniert und im sexuellen Kontext genutzt. Es ist mit riskanten Sexpraktiken assoziiert und f&uuml;hrt zu gesteigerter Energie, vermehrtem Selbstvertrauen und erh&ouml;hter Libido.<sup>1</sup><br /> <br /> Ursache ist die Aktivierung des Belohnungssystems des Gehirns in einem ungeahnten Ausma&szlig;, dadurch wird Sex unter Einfluss von Methamphetamin als &bdquo;das h&ouml;chste der Gef&uuml;hle&ldquo; empfunden. Danach kommt es zur Verarmung des Nervensystems an Dopamin. Auf den Rausch folgt eine depressive Verstimmung, die oft so unangenehm ist, dass die Betroffenen sofort wieder zur Droge greifen.<sup>4</sup> Der K&ouml;rper verf&auml;llt, da er im falschen Gef&uuml;hl des Wohlbefindens vom Drogengebrauch vorangetrieben wird. Crystal Meth hat ein starkes suchterzeugendes Potenzial.<br /> <br /> Der Teufelskreis etabliert sich oft schon nach der ersten Einnahme und f&uuml;hrt zu einer immer weiteren Verarmung an Dopamin bis hin zur Entwicklung massiver Psychosen, oft mit Verfolgungswahn.<sup>5</sup> Sex ohne Droge wird als unm&ouml;glich oder langweilig empfunden, die Droge wird zum Lebensinhalt.<sup>4</sup> Hinzu kommt, dass unter dem Einfluss der Droge oft tagelang nicht geschlafen und nichts gegessen wird, mit den entsprechenden k&ouml;rperlichen Folgen.<sup>5</sup><br /> <br /><strong> M&ouml;gliche Interaktionen</strong><br /> Crystal Meth wird &uuml;ber das Isoenzym CYP2D6 abgebaut, das von Ritonavir und Cobicistat gehemmt wird. Dadurch k&ouml;nnen theoretisch erh&ouml;hte Methamphetaminspiegel auftreten, die sich in Hypertension, Hyperthermie, Kr&auml;mpfen, Arrhythmien, Tachykardie &auml;u&szlig;ern k&ouml;nnen. Klinische Relevanz erh&auml;lt die Interaktion besonders bei hohen Ritonavir-Dosen. Ein Patient mit der Medikation Saquinavir 400mg/Ritonavir (RTV) 400mg 2x t&auml;glich (= BID) und Stavudin verstarb nach der Einnahme von Crystal Meth.<sup>1, 6</sup><br /> <br /> Bei den heutigen niedrigen RTV-Dosen von 100mg BID oder Cobicistat ist das Interaktionspotenzial vermutlich als eher gering einzustufen. Doch die therapeutische Breite der Substanzen ist gering. Wenn sich zus&auml;tzlich ein genetischer Polymorphismus an dem Isoenzym CYP2D6 durch eine geringe Enzymzahl negativ auf den Abbau auswirkt, kann die Spiegelerh&ouml;hung eventuell doch vermehrte Toxizit&auml;t ausl&ouml;sen. Wenn auch genaue Daten dazu fehlen, ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass 10 % der Kaukasier &bdquo;schlechte Metabolisierer&ldquo; sind.</p> <h2>3,4-Methylendioxy-N-&shy;Methylamphetamin (MDMA)</h2> <p>MDMA oder Ecstasy sind indirekte Serotonin-/Noradrenalin-Agonisten, die zus&auml;tzlich halluzinogen wirken. MDMA euphorisiert, erleichtert eine ungezwungene Kontaktaufnahme zu anderen Menschen und das Verst&auml;ndnis der eigenen inneren Gef&uuml;hle. Im Gegensatz zu Alkohol oder Opiaten besteht bei Ecstasy ein geringeres Risiko einer Abh&auml;ngigkeit, die zu t&auml;glichem Konsum f&uuml;hrt. Es entsteht eher eine Abh&auml;ngigkeit von dem Setting, in dem die Droge konsumiert wird.<sup>4</sup> Es wird als Kapsel, Tablette oder Puder oft in Kombination mit Aspirin, Koffein, Ketamin, LSD oder Pseudoephedrin eingenommen.<sup>1</sup><br /> <br /> Alle Amphetamine werden &uuml;ber das Isoenzym CYP2D6 abgebaut, sodass Ritonavir und Cobicistat die Amphetaminspiegel erh&ouml;hen k&ouml;nnen. Fallberichte beschreiben Herzrasen und Blutdruckanstieg. Es wird in einem Fall von t&ouml;dlichen Nebenwirkungen unter einer hohen &shy;Ritonavir-Dosis berichtet.<sup>7&ndash;9</sup> Kanadische Pharmazeuten empfehlen bei unvermeidbarer Einnahme eine reduzierte Dosis von 25 % der &uuml;blichen Amphetamin-Dosis &shy;unter einem Booster-Regime.<sup>9</sup> &bdquo;Poor &shy;metabolizers&ldquo; reagieren ebenfalls auf niedrigere Amphetamin-Dosen.</p> <h2>Kokain</h2> <p>Kokain ist ein Alkaloid der Kokapflanzenbl&auml;tter, das den Energielevel und das Selbstvertrauen steigert. Es hemmt die Wiederaufnahme von Dopamin und birgt damit ein starkes Suchtpotenzial.<sup>5</sup> Es wird geschluckt, geraucht, injiziert oder &ndash; meist &ndash; geschnupft. Kokain hat keine gro&szlig;e Affinit&auml;t zum Cytochromsystem. Nur 10 % des Kokains werden &uuml;ber CYP3A4 zum hepatotoxischen Metaboliten Norkokain abgebaut. Eine Kombination von NNRTI (z.B. Efavirenz, Nevirapin, Etravirin), die die Enzymproduktion von CYP3A4 aktivieren, k&ouml;nnte zur Anreicherung des Norkokains und zu einer vermehrten Hepatotoxizit&auml;t f&uuml;hren.<sup>1</sup></p> <h2>Mephedron (Badesalz)</h2> <p>Mephedron z&auml;hlt zu den Cathinon-Derivaten. Diese psychoaktiven semisynthetischen Substanzen aus der Gruppe der Amphetamine sind Hauptbestandteile der sogenannten &bdquo;Badesalzdrogen&ldquo;. Sie sind chemisch mit Cathinon, dem stimulierenden Wirkstoff des Kath-Strauches, und Metcathinon verwandt.<sup>5</sup> Mephedron wird, in Zigarettenpapier gewickelt, geschluckt (&bdquo;Bombe&ldquo;), geschnieft, injiziert oder rektal angewendet.<sup>4</sup><br /> <br /> &Auml;hnlich wie Methamphetamin hat es einen stimulierenden Charakter, ist entaktogen, erzeugt Euphorie und erh&ouml;ht die Offenheit. Mephedron wird auf Partys meist mit Methamphetamin und GHB kombiniert und aufgrund seiner kurzen Wirksamkeit mehrmals eingenommen, um den Effekt zu erhalten. Das Vergiftungsbild ist &auml;hnlich dem von Amphetamin, kann aber durch Verunreinigungen oder Beikonsum von Alkohol variieren.<sup>5</sup> Agitation, &Auml;ngstlichkeit, Erbrechen, Migr&auml;ne und Schlaflosigkeit sind h&auml;ufig.<sup>10</sup> Mephedron wird wie die anderen Amphetamin-Derivate &uuml;ber das Isoenzym CYP2D6 abgebaut, sodass auch hier erh&ouml;hte Mephedronspiegel unter Ritonavir und Cobicistat erwartet werden.<sup>7</sup></p> <h2>GHB (Liquid Ecstasy)</h2> <p>Gammabutyrolacton (GBL) ist eine Prodrug, die im K&ouml;rper in das aktive Gammahydroxybutyrat (GHB) verstoffwechselt wird, das ebenfalls als Droge verwendet wird. Es ist eng verwandt mit dem Neurotransmitter GABA (&gamma;-Aminobutters&auml;ure). GHB wird schnell oral aufgenommen, es hat eine Halbwertszeit von 20 bis 60 Minuten. Die C<sub>max</sub> ist nach 40 Minuten erreicht und nach 4&ndash;8 Stunden ist die Substanz aus dem K&ouml;rper eliminiert.<sup>1</sup><br /> <br /> Die Wirkung &auml;hnelt derjenigen von Alkohol, tritt aber schon bei geringen Mengen ein: zun&auml;chst ein wohliges entspannendes K&ouml;rpergef&uuml;hl, erh&ouml;hte Libido und Euphorie. H&ouml;here Dosen machen sehr m&uuml;de und f&uuml;hren gelegentlich zum Erbrechen, da GHB die Magenschleimhaut reizt (deshalb wird GBL immer verd&uuml;nnt konsumiert). Die Kombination aus Bewusstlosigkeit und Erbrechen ist gef&auml;hrlich, da sie zum Erstickungstod f&uuml;hren kann. GBL/GHB darf nicht mit alkoholischen Getr&auml;nken kombiniert werden,<sup>4</sup> denn GBL wird unter anderem &uuml;ber die Alkoholdehydrogenase in GHB umgewandelt. Alkohol kann als konkurrierendes Substrat den Abbauprozess hemmen. Das f&uuml;hrt zu einem gef&auml;hrlichen Anstieg des GHB-Metaboliten 1,4-Butanediol (1,4-BD), der stark atemdepressiv wirkt.<sup>1</sup><br /> <br /> Da der Unterschied zwischen wirksamer und toxischer Dosis bei GBL/GHB sehr gering ist, sollte die Menge immer mit einer kalibrierten Pipette oder Spritze sorgf&auml;ltig abgemessen werden.<sup>4</sup> &Uuml;berdosen sind wegen der Gefahr der Atemdepression gef&auml;hrlich.<sup>5</sup> Es hat eine geringe therapeutische Breite und Dosen von mehr als 3ml wirken t&ouml;dlich.<sup>1</sup> Die Vergiftung &auml;u&szlig;ert sich in Somnolenz bis Koma, Verwirrtheit, Erbrechen, Bradykardie und bei hohen Dosen Atemdepression. Die Pupillen k&ouml;nnen miotisch oder auch dilatiert sein. Orale Dosen ab 50mg/kg f&uuml;hren meist zu Bewusstseinsverlust und tiefem Koma.<br /> <br /> Bereits relativ kurzfristiger regelm&auml;&szlig;iger Missbrauch von GHB und dessen Analoga kann zu einer Abh&auml;ngigkeitsentwicklung mit gr&ouml;&szlig;tenteils deliranten Entzugssyndromen nach Absetzen der Substanz f&uuml;hren, die h&auml;ufig intensivmedizinisch behandelt werden m&uuml;ssen.<sup>11</sup><br /> <br /><strong> M&ouml;gliche Interaktionen</strong><br /> Die Abbauwege von GHB sind unklar, wahrscheinlich sind CYP2D6 und CYP3A4 beteiligt. In einem Fallbericht &auml;u&szlig;ert sich die GHB-Toxizit&auml;t unter Saquinavir/Ritonavir (SQV/r) mit epileptischen Anf&auml;llen, verlangsamtem Herzschlag, Atemdepression und Bewusstseinsverlust. Unter RTV und Cobicistat darf GHB daher keinesfalls in hohen Dosen eingenommen werden.<sup>7</sup></p> <h2>Ketamin</h2> <p>Diese Substanz, auch als &bdquo;Special K&ldquo; oder &bdquo;Vitamin K&ldquo; bekannt, wird wegen der dissoziativen An&auml;sthesie bei extremen Sexpraktiken eingesetzt.<sup>4</sup> Es ist keine Chemsex-Substanz, hat an Popularit&auml;t unter MSM verloren und wird vermehrt von Heterosexuellen konsumiert.<sup>1</sup> &Uuml;berdosierungen l&auml;hmen bei vollem Bewusstsein, ein Zustand, der Panik hervorrufen kann. Chronischer Gebrauch von Ketamin sch&auml;digt das Blasenepithel (&bdquo;Ketamin-Blase&ldquo;). Die Substanz kann geschnieft, i.m. injiziert oder rektal appliziert werden.<sup>4</sup><br /> <br /><strong> M&ouml;gliche Interaktionen</strong><br /> Ketamin wird haupts&auml;chlich &uuml;ber CYP3A4 abgebaut, CYP2B6 und CYP2C9 spielen eine untergeordnete Rolle. Eine Interaktion mit Ritonavir und Cobicistat wird erwartet, da unter Clarithromycin, einem starken CYP3A4-Inhibitor, ein 3- bis 4-facher Anstieg der C<sub>max</sub> von Ketamin gemessen wurde und eine 50 % ige Reduktion der C<sub>max</sub> des aktiven Metaboliten Norketamin. Zhou et al berichten &uuml;ber zwei F&auml;lle HIV-positiver Patienten unter geboostertem Darunavir und Lopinavir, die Schmerzen unter einer Kurzzeit-Ketamin-Einnahme entwickelten.<br /> <br /> Da unter Rifampicin und Barbituraten, CYP3A4-Induktoren, die Ketaminspiegel sanken, wird mit Efavirenz und Nevirapin auch ein Spiegelabfall erwartet.<sup>1</sup></p> <h2>Benzodiazepine</h2> <p>Benzodiazepine werden zum &bdquo;Runterkommen&ldquo; von Stimulanzien oder zur Erhaltung von anderen psychotropen Substanzen ben&ouml;tigt. Da Diazepam als Detoxregime f&uuml;r GBL/GHB genutzt wird, besitzen viele Substanzanwender Diazepam, um Entzugssyndrome zu managen.<sup>1</sup><br /> <br /> M&ouml;gliche Interaktionen<br /> Viele Benzodiazepine werden &uuml;ber CYP3A4 abgebaut. In Kombination mit Ritonavir und Cobicistat wird mit verst&auml;rkter Sedierung und potenzieller respiratorischer Depression gerechnet. Diazepam und Alprazolam sind die meistgenutzten Benzodiazepine in der Szene. Beide werden &uuml;ber CYP3A4 abgebaut. Alprazolam ist mit Ritonavir und Cobicistat kontraindiziert. Die Diazepam-Spiegel steigen besonders bei &bdquo;poor&ldquo; Metabolisierern von CYP2C19 oder nach der zus&auml;tzlichen Einnahme von CYP2C19-Inhibitoren, wie z.B. Omeprazol. Hier ist auf Pantoprazol umzustellen oder ein Benzodiazepin zu nutzen, das &uuml;ber die Glucuronyltransferase abgebaut wird, wie z.B. Oxazepam, Lorazepam oder Temazepam.<sup>1, 4, 5</sup></p> <h2>Phosphodiesterase(PDE)-5-Hemmer</h2> <p>PDE-5-Hemmer werden missbr&auml;uchlich im Kontext von Chemsex verwendet, um die sexuelle Aktivit&auml;t zu verl&auml;ngern und den impotenzinduzierenden Effekt anderer Substanzen zu lindern. Die ASTRA-Studie aus England berichtet, dass 21 % der MSM unter ART PDE-5-Hemmer nutzen. Doch unter Ritonavir und Cobicistat werden stark erh&ouml;hte PDE-5-Hemmer-Spiegel mit verst&auml;rkter Kardiotoxizit&auml;t erwartet.<br /> Die Spiegel von Sildenafil 100mg stiegen auf das 11-Fache unter RTV 500mg BID, von Vardenafil 5mg auf das 49-Fache unter RTV 600mg BID und bei Tardalafil 20mg erh&ouml;hten sich die Spiegel um 124 % unter RTV 200mg BID. Es wird empfohlen, die Dosis auf Sildenafil 25mg alle 48h und Tadalafil 10mg alle 24h unter Booster-Regimen zu reduzieren. Vardenafil ist kontraindiziert mit Lopinavir/Ritonavir. Das gilt auch f&uuml;r Poppers. Durch den Blutdruckabfall kann es zur Abnahme der koronaren Perfusion mit m&ouml;glicher Folge eines Herzinfarkts kommen.</p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Eine endg&uuml;ltige Absch&auml;tzung des Interaktionspotenzials der ART mit den neuen Substanzen gibt es nicht. Besonders unter Ritonavir und &shy;Cobicistat sind niedrige &shy; Dosen vorteilhaft. Au&szlig;erdem ist zu beachten, dass weitere CYP3A4-Inhibitoren aus anderen Indikationen wie z.B. die Makrolidantibiotika, die Azole, Fluvoxamin und einige DAA wie z.B. Parita&shy;previr/Ritonavir ebenfalls erh&ouml;hte Substanzspiegel aufbauen k&ouml;nnen. Im Patientengespr&auml;ch w&auml;re es &shy;w&uuml;nschenswert, mit Substanz&shy;gebrauchern ins Gespr&auml;ch zu &shy;kommen, ein Bewusstsein f&uuml;r die &shy;Risiken zu schaffen, die sexuelle Gesundheit durch Drogen-freie Wochenenden zu verst&auml;rken und &uuml;ber Interaktionen &shy;aufzukl&auml;ren.</p> </div></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Bracchi M et al: Increasing use of &ldquo;party drugs&rdquo; in people living with HIV on antiretrovirals: a concern for patient &shy;safety. AIDS 2015; 29: 1585-92 <strong>2</strong> Daskalopulou M et al: Recreational drug use, polydrug use and sexual behaviour in HIV-diagnosed men who have sex with men in the UK: results from the cross-sectional ASTRA study. Lancet HIV 2014; 1: e22-31 <strong>3</strong> Stuart D: pers&ouml;nliche Konversation <strong>4</strong> Schwarze S et al: Neue Drogen &ndash; neue Herausforderungen, ein Blick aus verschiedenen Perspektiven. INXFO Newsletter 2015 <strong>5</strong> Reisinger M et al: Partydrogen unter einer antiretroviralen Therapie. Meet the Experts Newsletter 3, Wien 2014 <strong>6</strong> Hales G et al: Possible fatal interaction &shy;between protease inhibitors and methamphetamine. Antivir Ther 2000; 5: 19 <strong>7</strong> Antoniou T et al: Interactions between recreational drugs and antiretroviral agents. Ann Pharmacother 2002; 36: 1598-613<strong> 8</strong> Mirken B: Danger: possibly fatal interactions between ritonavir and &ldquo;ecstasy,&rdquo; some other psychoactive drugs. AIDS Treat News 1997; 265: 5 <strong>9</strong> Henry JA et al: Fatal interaction between ritonavir and MDMA. Lancet 1998; 352: 1751-2 <strong>10</strong> Wood DM et al: Clinical pattern of toxicity associated with the novel synthetic &shy;cathinone mephedrone. Emerg Med J 2011; 28: 280-2 <strong>11</strong> Reeves J et al: GHB/GBL intoxication and withdrawal: a review and case presentation. Addictive Disorders &amp; Their Treatment 2003; 2: 25-8<br /><br /></p> </div> </p>
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