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BMGF informiert: Impfungen bei Krankenhauspersonal
Jatros
30
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29.09.2016
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<p class="article-intro">Impfungen sind ein Thema, das in der Öffentlichkeit häufig mit einem mehr oder weniger großen Ausmaß an Emotionalität – und nicht selten mangelndem Wissen – diskutiert wird. Auch bei im Krankenhaus arbeitendem Personal sind die Durchimpfungsraten immer noch zu niedrig, wie z.B. Fälle nosokomialer Maserninfektionen dokumentierten. Das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen (BMGF) hat nun eine Broschüre zu den Rechtsgrundlagen von Impfungen bei Krankenhauspersonal erstellt.</p>
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<p class="article-content"><p>Die neue Broschüre des Gesundheits­ministeriums<sup>1</sup> befasst sich mit den rechtlichen Aspekten des Themas „Impfungen von Gesundheitspersonal“ (siehe dazu auch das nebenstehende Interview mit Sektionsleiterin Dr. Pamela Rendi-Wagner).</p> <h2>Anlass: Masern</h2> <p>Der Anlass für die Erarbeitung dieser Broschüre war die wenig erfreuliche Tatsache, dass die Masernaktivität in Österreich im Jahr 2015 besonders hoch war – 309 Erkrankungen wurden österreichweit gemeldet. Aber nicht nur das: 23 dieser Fälle, das sind 7,5 % , waren durch Infektio­nen im Bereich der Krankenversorgung entstanden. Zumindest in einem Fall war eine nicht geimpfte Krankenschwester beteiligt, die auf einer neonatologischen Station arbeitete, was nicht nur einen gesundheitlichen, sondern auch einen organisatorischen Super-GAU darstellte. Zahlreiche Neugeborene mussten mit Immunglobulinen behandelt, zahlreiche Angehörige und mögliche Kontaktpersonen verständigt werden. Dies sollte heute in Österreich nicht mehr möglich sein, zumal die WHO für 2020 die weltweite Ausrottung der Masern anvisiert. Dazu ist jedoch eine Herdenimmunität erforderlich, und diese greift erst ab einer Durchimpfungsrate von 95 % .</p> <h2>Gesetzliche Grundlagen</h2> <p>Eine Verpflichtung, sich impfen zu lassen, ist aufgrund der gesetzlichen Vorgaben in Österreich nicht möglich und wird politisch auch nicht gewünscht (siehe Interview). Eine Impfpflicht stellt laut gängiger Rechtsmeinung einen Eingriff in das Recht auf Privatleben dar, das in Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention festgeschrieben ist. Diese steht in ­Österreich im Verfassungsrang. Lediglich nach §17 des Epidemiegesetzes von 1950 wären Bezirksverwaltungsbehörden berechtigt, Impfungen anzuordnen – von dieser Möglichkeit wurde jedoch bisher nie Gebrauch gemacht.<br /> <br /> Grundsätzlich besteht für Arbeitnehmer auch keine Verpflichtung, dem Arbeitgeber den eigenen Impfstatus bekannt zu geben. Allerdings darf in bestimmten Fällen sehr wohl in das Recht auf Privatleben eingegriffen werden. Dies ist dann der Fall, wenn eine Gefahr für Leben oder Gesundheit von Personen entstehen könnte, denen gegenüber der Arbeitgeber eine Schutzverpflichtung hat. Dies sind im Krankenhaus primär die Patienten, da hier – im Gegensatz zum niedergelassenen Bereich – der sogenannte Behandlungsvertrag nicht zwischen Patient und Arzt, sondern zwischen Patient und Krankenanstalt besteht.<br /> Deshalb darf der Arbeitgeber, also der Träger der Krankenanstalt, Personal, das in bestimmten Abteilungen mit hoher Infektionsgefährdung arbeitet, sehr wohl nach seinem Impfstatus fragen, und zwar sowohl bei Neueinstellungen als auch bei bestehendem Anstellungsverhältnis. Wird die Auskunft oder ggf. die angebotene Impfung verweigert, so hat der Arbeitgeber das Recht, den betreffenden Arbeitnehmer bzw. die betreffende Arbeitnehmerin zu versetzen bzw. im Fall eines Bewerbungsgesprächs die Bewerbung nicht zu berücksichtigen. In letzter Konsequenz kann auch eine Kündigung bzw. Entlassung (je nach individueller Situa­tion) die Folge sein.<br /> <br /> Der Arbeitgeber ist jedoch auch aufgrund seiner Fürsorgepflicht im Sinne des Arbeitnehmerschutzes angehalten, seinem Personal Impfungen anzubieten, und muss auch die Kosten dafür tragen.</p> <p>Lesen Sie auch: <a href="7646">Keine Impfpflicht, aber Versetzungsmöglichkeit</a></p></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Diese Publikation ist auf der Homepage des Bundes­ministeriums für Gesundheit und Frauen unter <a href="http://www.bmgf.gv.at/home/Impfempfehlungen_Gesundheitspersonal" target="_blank">http://www.bmgf.gv.at/home/Impfempfehlungen_Gesundheitspersonal</a> als pdf-Datei abrufbar.</p>
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