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Bewährtes und Neues in der medikamentösen Schmerztherapie

<p class="article-intro">Die Auswahl des richtigen Analgetikums oder der richtigen Analgetikakombination ist entscheidend. „Expect analgesic failure; pursue analgesic success. Most analgesic drugs work well but in only a small percentage of people.“ (A. Moore, BMJ 2013)</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Key Points</h2> <ul> <li>Paracetamol und Metamizol haben ein deutlich geringeres gastrointestinales Nebenwirkungspotenzial als tNSAR und COX-2-Inhibitoren.</li> <li>COX-2-Inhibitoren und tNSAR sind bei Schmerzen mit einer entz&uuml;ndlichen Komponente unverzichtbar. Empfohlen ist eine m&ouml;glichst kurze Einnahmedauer in der niedrigsten wirksamen Dosis, um das Nebenwirkungsrisiko m&ouml;glichst niedrig zu halten.</li> <li>Eine ultrakurzfristige (&le;4 Wochen) oder kurzfristige (4&ndash;12 Wochen) Verschreibung von Opioiden kann f&uuml;r fast alle Schmerzarten und bei fast allen Patientengruppen empfohlen werden. Voraussetzungen sind eine enge Patientenbindung und regelm&auml;&szlig;ige Evaluation der Wirksamkeit und Vertr&auml;glichkeit. Eine Langzeitanwendung (&gt;12 Wochen) bei nicht tumorassoziierten Schmerzen ist nur bei nachgewiesener Reduktion des k&ouml;rperlichen Beeintr&auml;chtigungserlebens und fehlenden oder geringen Nebenwirkungen zul&auml;ssig.</li> <li>Opioide sind nach wie vor ein wichtiger und unverzichtbarer Bestandteil der Therapie tumor&shy;assoziierter Schmerzen.</li> <li>Antidepressiva und Antiepileptika sollten bei Schmerzen mit einer neuropathischen Komponente fr&uuml;hzeitig verschrieben werden.</li> </ul> </div> <h2>Auswahl des Analgetikums</h2> <p>Das WHO-Stufenschema zur Schmerztherapie bei Krebserkrankungen (1986 und 1996) empfiehlt die Auswahl des Analgetikums in Abh&auml;ngigkeit von der Schmerzintensit&auml;t: Wenn Stufe 1 nicht mehr ausreichend ist, werden zus&auml;tzlich Stufe 2 oder 3 und die Verschreibung von &bdquo;Co-Analgetika&ldquo; (Antidepressiva und Antiepileptika) empfohlen. Im Alltag wird das WHO-Stufenschema h&auml;ufig auch bei nicht tumorassoziierten Schmerzen zur Orientierung verwendet. Das war aber nie die Intention dieser Publikation. Die Auswahl des jeweiligen Analgetikums sollte sich an der Schmerzursache, der Wirksamkeit sowie am Nebenwirkungs- und Interaktionsspektrum des jeweiligen Analgetikums orientieren. So wird bei neuropathischer Schmerzkomponente eine fr&uuml;hzeitige Gabe von Co-Analgetika empfohlen. Niedrig dosierte Opioide sind bei mit dem Bewegungsapparat assoziierten Schmerzen eine gute Alternative oder Erg&auml;nzung zu den Medikamenten der Stufe I nach WHO. Paracetamol und Metamizol sollte, wenn immer m&ouml;glich, aufgrund des kaum vorhandenen gastrointestinalen Risikos der Vorzug gegen&uuml;ber traditionellen NSAR gegeben werden. Selektive COX-2-Inhibitoren haben ein geringeres gastrointestinales Risiko als traditionelle NSAR, erh&ouml;hen aber das Risiko akuter koronarer Herzerkrankungen.<br /> Neben den pharmakodynamischen Neben- und Wechselwirkungen, die sich aus dem jeweiligen Wirkmechanismus erkl&auml;ren, gibt es ein pharmakokinetisches Nebenwirkungs- und Interaktionsrisiko. Dieses steigt mit der Plasmaeiwei&szlig;bindung, der Abh&auml;ngigkeit der Elimination vom Cytochrommechanismus in der Leber, der Entstehung aktiver Metaboliten und der Nierenpflichtigkeit.</p> <h2>Stufe 1 nach WHO</h2> <p>Diese beinhaltet traditionelle NSAR, selektive COX-2-Inhibitoren und die nichtsauren Nicht-Opioid-Analgetika Paracetamol und Metamizol. Es sind dies unverzichtbare, sehr wirksame Analgetika, haben jedoch ein hohes Nebenwirkungs- und Interaktionsrisiko. Sie sollten deshalb in der niedrigsten wirksamen Dosis und so kurz wie m&ouml;glich verabreicht werden. Paracetamol und Metamizol haben ein geringeres Nebenwirkungsrisiko als traditionelle NSAR und selektive COX-2-Inhibitoren. Eine Kombination mit Opioiden ist sinnvoll und wirkt additiv, da verschiedene Wirkmechanismen kombiniert werden (Tab. 1).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Ortho_1605_Weblinks_Seite51.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <p><strong>Traditionelle NSAR (tNSAR)</strong><br /> Sie hemmen die Cyclooxygenase (COX). Die COX ist ein ubiquit&auml;res intrazellul&auml;res Enzym, das f&uuml;r einen entscheidenden Schritt in der Prostaglandinsynthese verantwortlich ist. Prostaglandine spielen eine wesentliche Rolle in vielen physiologischen und pathophysiologischen Prozessen. Die COX-Hemmung f&uuml;hrt zu den erw&uuml;nschten Wirkungen Fiebersenkung, Schmerzlinderung und Entz&uuml;ndungshemmung. Die Nebenwirkungen sind durch den Wegfall physiologischer Prostaglandinfunktionen erkl&auml;rbar. So wird der Schutz von Magen- und Darmschleimhaut beeintr&auml;chtigt, es kann zu Erosionen, Ulzera und Perforationen kommen. Die glomerul&auml;re Filtration wird herabgesetzt, was zu Nierenversagen f&uuml;hren kann. Die TxA<sub>2</sub>-Synthese (Thrombozyten) wird gehemmt (&rarr; verst&auml;rkte Blutungsneigung durch Acetylsalicyls&auml;ure), die PgE<sub>2</sub>-Synthese (Endothelzellen) herabgesetzt (&rarr; erh&ouml;htes kardiovaskul&auml;res Risiko unter selektiven COX-2-Inhibitoren, aber auch Diclofenac und Ibuprofen), die Bronchiendilatation wird gehemmt (&rarr; &bdquo;Aspirin&ldquo;-Asthma) und der periphere Widerstand erh&ouml;ht (&rarr; RR-Steigerung) (Tab. 2).<br /> Selektive COX-2-Inhibitoren und tNSAR und haben eine hohe Plasmaeiwei&szlig;bindung und k&ouml;nnen schlecht durch die Blut-Hirn-Schranke diffundieren. Sie reichern sich in Geweben mit saurem interstitiellem Milieu intrazellul&auml;r an, also z.B. in entz&uuml;ndetem Gewebe (daher die fr&uuml;her &uuml;bliche Bezeichnung &bdquo;periphere Analgetika&ldquo;), aber auch im Interstitium der Magenschleimhaut und Nieren. F&uuml;r die Schmerztherapie sind v.a. Sub&shy;stanzen mit einer kurzen Halbwertszeit (HWZ) interessant, weil sie gut steuerbar sind. Steht die antirheumatische, also entz&uuml;ndungshemmende Komponente im Vordergrund, etwa zur Prophylaxe eines &bdquo;Rheumaschubs&ldquo; bei prim&auml;r chronischer Poly&shy;arthritis, werden fallweise Substanzen mit einer l&auml;ngeren Halbwertszeit bevorzugt. Alle tNSAR werden &uuml;ber Cytochrom P450 metabolisiert.<br /> <br /><strong> Selektive COX-2-Inhibitoren</strong><br /> Derzeit verschreibbar, aber nicht bzw. eingeschr&auml;nkt erstattungsf&auml;hig, sind Parecoxib (intraven&ouml;s, Pro Drug von Valdecoxib), Celecoxib und Etoricoxib. Die im Vergleich zu den tNSAR niedrigere gastrointestinale Toxizit&auml;t ist ein grunds&auml;tzlicher Vorteil dieser Substanzen. Die Beeintr&auml;chtigung der Nierenfunktion ist vergleichbar mit jener durch tNSAR. Die selektive COX-2-Inhibition f&uuml;hrt zu einer Erh&ouml;hung des kardiovaskul&auml;ren Risikos (s.o.). Parecoxib und Celecoxib sind Sulfonamide, worauf bei einer eventuellen Allergie zu achten ist.<br /> <br /><strong> Paracetamol und Metamizol</strong><br /> Sie sind keine organischen S&auml;uren und daher im Gegensatz zu den tNSAR und selektiven COX-2-Inhibitoren kaum an Plasmaeiwei&szlig; gebunden und gut ZNS-g&auml;ngig. Sie wirken vorwiegend &bdquo;zentral&ldquo; (im ZNS), und zwar antipyretisch und analgetisch, jedoch kaum antiphlogistisch. Sie haben daf&uuml;r aber auch nicht die typischen Nebenwirkungen der NSAR auf Magen/Darm, Niere und Gerinnungssystem und sind so auf l&auml;ngere Sicht besser vertr&auml;glich. Sie werden mit den NSAR in der Stufe 1 des WHO-Stufenschemas zusammengefasst, da ihre Wirkung zumindest teilweise auf einer Prostaglandinsynthesehemmung beruht. Wirkort ist das ZNS. Zum Wirkmechanismus gibt es bei Paracetamol neben der (zentralen) COX-2-Inhibition Hinweise auf eine serotonerge Wirkkomponente und eine Wirkung &uuml;ber Cannabinoidrezeptoren. Metamizol wirkt zumindest teilweise COX-2-inhibitorisch.<br /> Paracetamol wird &uuml;ber verschiedene Cytochrome abgebaut, &uuml;ber CYP 2E1 entstehen toxische Zwischenprodukte, die durch Glutathion neutralisiert werden m&uuml;ssen. Sind die Glutathionreserven der Leber aufgebraucht, kommt es zu Leberzellnekrosen. Von Metamizol ist kein CYP-abh&auml;ngiger Abbauweg bekannt. Allerdings ist Metamizol ein Induktor von CYP 2B6 und 3A4/5/7. Das Interaktionspotenzial der verschiedenen Nicht-Opioide ergibt sich aus dem Wirkmechanismus und der Pharmakokinetik (Tab. 3).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Ortho_1605_Weblinks_Seite53_1.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <p><strong>Dosierung</strong><br /> Zur Dosierung der tNSAR, selektiven COX-2-Inhibitoren und Nicht-Opioide gelten die Dosierungsrichtlinien des Austria-Codex (Tab. 4). Im Fall von St&ouml;rungen der Leber- oder Nierenfunktion muss eine entsprechende Dosisanpassung erfolgen (Tab. 5). Bei Paracetamol darf eine Tagesmaximaldosis von 60mg/kg nicht &uuml;berschritten werden, da schon ab 100 bis 120mg/kg/Tag die Gefahr einer akuten Lebersch&auml;digung besteht. Die Einzeldosis des jeweiligen Analgetikums und das Dosierungsintervall ergeben sich aus der angegebenen Tagesh&ouml;chstdosis und der zu erwartenden Wirkdauer einer Einzeldosis. Es ist nicht sinnvoll, unterschiedliche tNSAR oder COX-2-Inhibitoren miteinander zu kombinieren. Eine Kombination von tNSAR oder COX-2-Inhibitoren mit Paracetamol oder Metamizol kann sinnvoll sein.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Ortho_1605_Weblinks_Seite53_2.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>Opioide (Stufe 2 und 3)</h2> <p>Opioide sind ebenfalls unverzichtbare Schmerzmedikamente. Eine Therapie tumorassoziierter Schmerzen w&auml;re ohne Opioide nicht vorstellbar. Bei der Therapie nicht tumorassoziierter Schmerzen ist die Tagesmaximaldosis von 120mg Morphin&auml;quivalent zu beachten und der Therapieerfolg immer wieder kritisch zu hinterfragen. Nicht-Tumor-Patienten sind einmal im Quartal zur Kontrolle zu bestellen. Alle 6 Monate soll ein Dosisreduktionsversuch eingeplant werden. Die Nebenwirkung Obstipation muss prophylaktisch behandelt werden, in der Einstellungsphase auch &Uuml;belkeit und Erbrechen, in der Langzeitanwendung sind Opioide in der Regel gut vertr&auml;glich. Bei nicht tumorassoziierten chronischen Schmerzen kann man mit ca. 30&ndash;50 % &bdquo;Respondern&ldquo; rechnen, also Patientinnen und Patienten, die eine zufriedenstellende Schmerzlinderung bei ertr&auml;glichen Nebenwirkungen erfahren.<br /> <br /><strong> Wirkmechanismus</strong><br /> Opioide wirken &uuml;ber k&ouml;rpereigene Opioidrezeptoren. Diese werden physiologisch durch Endorphinaussch&uuml;ttung stimuliert und bewirken eine Schmerzmodulation. Die Aktivierung von Opioidrezeptoren f&uuml;hrt zu intrazellul&auml;ren Regulationsprozessen, welche letztlich eine Hemmung der Schmerzfortleitung und -wahrnehmung zur Folge haben. Der Einsatz retardierter oraler Opioid&shy;analgetika und transdermal wirkender Opioidpflaster f&uuml;hrte zu einer Revolution in der Tumorschmerztherapie. Orale Retardpr&auml;parate m&uuml;ssen meist alle 12 Stunden eingenommen, Pflaster jeden 3. oder 4. Tag gewechselt werden, damit ist eine &bdquo;alltagstaugliche&ldquo; Therapie realisierbar.<br /> Opioide wirken analgetisch und antitussiv. Die wichtigsten Nebenwirkungen sind Obstipation, &Uuml;belkeit und Erbrechen, zentralnerv&ouml;se Beeintr&auml;chtigungen wie Sedierung, Halluzinationen und Atemdepression sowie Juckreiz und Harnverhalten. Die Nebenwirkungen werden ebenfalls &uuml;ber Opioidrezeptoren vermittelt.<br /> Es gibt verschiedene M&ouml;glichkeiten, Opioide einzuteilen &ndash; ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal ist ihre relative Wirkst&auml;rke (Potenz). Als Referenzsubstanz dient Morphin, das &auml;lteste bekannte Opioid, dem man die St&auml;rke 1 zuordnet. Opioide mit einer geringeren Potenz bezeichnet man als &bdquo;schwach wirksame Opioide&ldquo; (Stufe 2 nach WHO), Opioide mit einer gleich starken oder st&auml;rkeren Potenz bezeichnet man als &bdquo;stark wirksame Opioide&ldquo; (Stufe 3 nach WHO).<br /> Tumorschmerzpatienten sollten ein orales Retardpr&auml;parat oder ein Pflaster in ausreichender Dosierung erhalten, im Sinne einer Schmerzprophylaxe. F&uuml;r fallweise auftretende starke Schmerzen (Durchbruchschmerzen) muss der Patient die M&ouml;glichkeit haben, ein schnell wirksames Opioid als Bedarfsmedikament selbstst&auml;ndig einzunehmen.<br /> <br /><strong> Zur Dosierung der Opioide</strong><br /> Die Kenntnis der &Auml;quivalenzdosen einzelner Opioide und der Dosierungsunterschiede zwischen oraler, transdermaler und intraven&ouml;ser Gabe ist wichtig, um zwischen einzelnen Opioiden und/oder Applikationsformen wechseln zu k&ouml;nnen und Bedarfsmedikationen richtig zu dosieren (Tab. 6).<br /> In der Tumorschmerztherapie gibt es keine Dosisobergrenze. Allerdings gibt es eine Grenze der Praktikabilit&auml;t, d.h. der Anzahl der zu schluckenden Medikamente oder geklebten Pflaster. Ursache f&uuml;r eine vermeintliche &bdquo;Nicht-Wirksamkeit&ldquo; oder &bdquo;schlechte Wirksamkeit&ldquo; ist h&auml;ufig eine Unterdosierung. Opioidpflaster wirken bei kachektischen Patienten eventuell schlechter als orale Pr&auml;parate. Als Alternativen zur oralen bzw. transdermalen Gabe gibt es die M&ouml;glichkeit einer subkutanen oder intraven&ouml;sen Gabe &uuml;ber Schmerzpumpen. Weiters gibt es schnell wirksame Pr&auml;parate, die &uuml;ber die Mund- und Nasenschleimhaut aufgenommen werden. In sehr seltenen F&auml;llen kann auch an eine epidurale oder intrathekale Gabe gedacht werden.<br /> Bei der Therapie nicht tumorassoziierter Schmerzen gibt es die &Uuml;bereinkunft, nicht h&ouml;her als 120mg Morphin-Tages&auml;quivalent zu dosieren und die Therapie in regelm&auml;&szlig;igen Abst&auml;nden einer Evaluation auf Sinnhaftigkeit und Wirksamkeit zu unterziehen. Die Patienten sollten einmal im Quartal zu einer Evaluation der Therapieeffektivit&auml;t bestellt werden und alle 6 Monate einen Dosisreduktionsversuch machen.<br /> &Uuml;ber die Homepage der &Ouml;sterreichischen Schmerzgesellschaft ist ein &bdquo;Positionspapier zum Einsatz von Opioiden bei tumor- und nicht-tumorbedingten Schmerzen&ldquo; verf&uuml;gbar, in dem viele praxisrelevante Fragen beantwortet werden.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Ortho_1605_Weblinks_Seite54_1.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <p><strong>Interaktionspotenzial</strong><br /> Zu beachten ist das Sedierungspotenzial (pharmakodynamisch), v.a. in der Kombination mit anderen sedierenden Substanzen. Eine hohe Plasmaeiwei&szlig;bindung weisen Fentanyl und Buprenorphin auf. Nicht oder in unbedeutendem Ausma&szlig; durch Cytochrome metabolisiert werden Morphin und Hydromorphon. Morphin hat allerdings einen nierenpflichtigen Metaboliten, Morphin-6-Glucuronid, der durch direkte Glucuronidierung entsteht und bei Niereninsuffizienz akkumulieren und zu Nebenwirkungen f&uuml;hren kann. Die &uuml;brigen Opioide werden &uuml;ber CYP in relevantem Ausma&szlig; metabolisiert.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Ortho_1605_Weblinks_Seite54_2.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>Co-Analgetika: Antidepressiva und Antikonvulsiva</h2> <p>Bei neuropathischen Schmerzanteilen (brennende, stechende, elektrisch einschie&szlig;ende Schmerzen und Missempfindungen), Par&auml;sthesien und Dys&auml;sthesien sollte den Co-Analgetika, d.h. Antidepressiva und Antikonvulsiva, der Vorzug gegeben werden. Auch Opioide k&ouml;nnen hier eingesetzt werden. Die Antidepressiva haben den Vorteil einer ein- bis zweimal t&auml;glichen Einnahme (bessere Compliance), m&uuml;ssen aber langsam hochtitriert werden und bis zum Eintritt der Wirkung kann es mehrere Wochen dauern. Die Antiepileptika Gabapentin und Pregabalin m&uuml;ssen aufgrund ihrer kurzen Halbwertszeit zwei- bis dreimal t&auml;glich eingenommen werden, lassen sich aber sehr schnell zur Wirksamkeit hochtitrieren. Antidepressiva empfehlen sich daher eher bei chronischen St&ouml;rungen, (z.B. Polyneuropathie, postherpetische Neuralgie), Antiepileptika bei akuten neuropathischen Schmerzen (z.B. Radikulopathie) (Tab. 7).<br /> <br /><strong> Antidepressiva</strong><br /> Diese wirken analgetisch &uuml;ber die Erh&ouml;hung des Serotonin- und Noradrenalinspiegels im ZNS. Serotonin und Noradrenalin sind wichtige schmerzhemmende Transmittersubstanzen in R&uuml;ckenmark und Gehirn (absteigende, hemmende Bahnen). Ihre Wirkung wird auch als &bdquo;Schmerzdistanzierung&ldquo; bezeichnet. Die &auml;lteren, sogenannten &bdquo;trizyklischen Antidepressiva&ldquo; Amitriptylin und Clomipramin haben neben der serotonin- und noradrenalinsteigernden Wirkung auch Effekte in vielen anderen Transmittersystemen, was die h&auml;ufigen Nebenwirkungen erkl&auml;rt. Besonders Amitriptylin ist aber bei chronischen nozizeptiven und neuropathischen Schmerzen sehr effektiv (Tab. 7).<br /> Die moderneren Serotonin-Noradrenalin-Reuptake-Inhibitoren (SNRI) Duloxetin, Venlafaxin und Milnacipran wirken selektiv nur auf den Serotonin- und Noradrenalinspiegel, haben daher weniger Nebenwirkungen, sind aber m&ouml;glicherweise auch weniger effektiv. F&uuml;r die gut vertr&auml;glichen und daher oft und vor allem bei &auml;lteren Patienten eingesetzten Antidepressiva vom SSRI-Typ (selektive Serotonin-Reuptake-Inhibitoren) konnte bisher keine schmerzlindernde Wirkung nachgewiesen werden.<br /> Trazodon wird in &Ouml;sterreich h&auml;ufig als Co-Analgetikum verwendet. Es wirkt vor allem schlaff&ouml;rdernd (Patienten mit chronischen Schmerzen haben h&auml;ufig Schlafst&ouml;rungen), wenig antidepressiv und wenig antipsychotisch. Die schlaff&ouml;rdernde Wirkung wird von vielen Patienten sehr gesch&auml;tzt. Eine Wirksamkeit bei neuropathischen Schmerzen ist nicht nachgewiesen.<br /> Zum Interaktionspotenzial: Amitriptylin, Duloxetin und Trazodon haben eine hohe Plasmaeiwei&szlig;bindung. Alle genannten Antidepressiva, mit Ausnahme von Milnacipran, sind Substrate, teilweise auch Inhibitoren verschiedener Cytochrome.<br /> <br /><strong> Die Antikonvulsiva Gabapentin und Pregabalin</strong><br /> Sie wirken &uuml;ber die Blockade von Natrium- und/oder Kalziumkan&auml;len hemmend auf die Erregungsfortleitung in Nervenzellen. Die wichtigste Nebenwirkung aller Antikonvulsiva ist die zentralnerv&ouml;se D&auml;mpfung, die von M&uuml;digkeit und Schwindelgef&uuml;hlen bis zu Gangst&ouml;rungen (Ataxie) reichen kann. Carbamazepin kommt wegen h&auml;ufiger Medikamenteninteraktionen, Leberfunktionsst&ouml;rungen und des Risikos schwerer allergischer Reaktionen heute nur noch bei der Trigeminusneuralgie zum Einsatz und sollte vom Neurologen verschrieben werden. Gabapentin und Pregabalin gelten als gut vertr&auml;glich und sind mittlerweile &bdquo;Klassiker&ldquo; bei neuropathischen Schmerzen. Die Dosis von beiden Substanzen muss bei eingeschr&auml;nkter Nierenfunktion stark reduziert werden, da sie zwar kaum bis gar nicht hepatal metabolisiert werden, aber in der Elimination sehr stark von der Nierenfunktion abh&auml;ngig sind. Gabapentin ist ein milder Inhibitor des CYP 2A6, von Pregabalin sind keine Cytochrominteraktionen bekannt. Beide haben eine vernachl&auml;ssigbare bis gar keine Plasmaeiwei&szlig;bindung. Insgesamt ist daher das pharmakokinetische Interaktionspotenzial gering.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>beim Verfasser</p> <p><strong>Therapiealgorithmen in:</strong><br />Zenz M, Schwarzer A, Willweber-Strumpf A: Taschenbuch Schmerz. Ein diagnostischer und therapeutischer Leitfaden. 4. Auflage. Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2013</p> </div> </p>
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