© Ralf Geithe iStockphoto

PneumoUpdate 2016

Orphan diseases: granulomatöse Lungenerkrankungen

<p class="article-intro">Die Granulomatose hat viele Gesichter und eine variable Prognose. Im Rahmen des 13. PneumoUpdates in Igls wurden einige granulomatöse Lungenerkrankungen vorgestellt und ihre Diagnostik sowie Differenzialdiagnosen diskutiert.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>&bdquo;Die Ursachen f&uuml;r granulomat&ouml;se Lungenerkrankungen k&ouml;nnen unterschiedlich sein, wie z.B. Infektionen, Hypersensitivit&auml;t, Autoimmunit&auml;t, Immunmangel oder Neoplasien&ldquo;, erl&auml;utert OA Dr. Joerg Hansen, Klinik f&uuml;r Pneumologie/Schlafmedizin, Kantonsspital St. Gallen. &bdquo;Dadurch unterscheidet sich nicht nur die Therapie, sondern auch die Prognose.&ldquo; Allen diesen Erkrankungen gemeinsam ist das Granulom als autochthone Reaktion der zellvermittelten Immun&shy;antwort. &bdquo;Hinweisend sind im initialen R&ouml;ntgenbild ein oder mehrere Granulome&ldquo;, so Hansen. Hinsichtlich der weiterf&uuml;hrenden Diagnostik ist der Lungenfacharzt gefordert. Dazu sind eine Thorax-Computertomografie mit Kontrastmittel sowie eine Bronchoskopie mit Gewinnung von bronchoalveol&auml;rer Lavage und (transbronchialen) Biopsien erforderlich. Die spezifische weiterf&uuml;hrende Labordiagnostik umfasst die Bestimmung von Immunglobulin, ANCA, Rheumafaktor, HIV, Angiotensin-converting Enzym (ACE), l&ouml;slicher Interleukin-2-Rezeptor (l&ouml;s-IL2R) sowie Ca<sup>2+</sup>. Ein wichtiger Fokus ist die Expositions- bzw. Berufsanamnese.</p> <h2>Berylliose</h2> <p>Die Berylliose ist eine granulomat&ouml;se Erkrankung, die durch die Exposition gegen&uuml;ber dem Edelmetall Beryllium entsteht. Beryllium wird in der Elektronik, Luftfahrt, Automobil- und Waffentechnik, der Keramikverarbeitung und der Telekommunikation eingesetzt und ist als m&ouml;gliches humanes Karzinogen klassifiziert. Die Berylliose zeigt zwei Verlaufsformen: Die akute Form ist eine chemische Entz&uuml;ndung der Lunge, die t&ouml;dlich verlaufen kann. &bdquo;Seit aber die maximale Arbeitsplatzkonzentration kontrolliert wird, stellt die akute Berylliose kein Problem mehr dar&ldquo;, sagt Hansen. Nach einer zellul&auml;ren Sensibilisierung und einer Latenzzeit von Wochen bis zu 20 Jahren kann eine chronische Form (CBD) entstehen, deren Symptome einer Sarkoidose &auml;hneln und die Lunge, Lymphknoten und Haut betreffen. &bdquo;Als pr&auml;disponierender Faktor wurde das HLA-DPB1-Allel identifiziert, welches Glutamins&auml;ure an der Position 69 der Beta-Kette besitzt. Berylliumexposition f&uuml;hrt zu einer 3D-Konformations&auml;nderung des HLA-DP2-Komplexes, wodurch das ver&auml;nderte Peptid zum Neoantigen wird und eine Immunantwort ausl&ouml;st&ldquo;, erl&auml;utert Hansen.<sup>1</sup> Zwischen 2 und 20 % der Beryllium-Exponierten sind sensibilisiert, von ihnen entwickeln rund 40 % eine CBD. &bdquo;Bei bis zu einem Drittel der Sarkoidosepatienten ist eine Berylliumexposition gegeben&ldquo;, gibt Hansen zu bedenken.</p> <h2>Variables Immundefektsyndrom (CVID)</h2> <p>Die Diagnose der CVID (&bdquo;common variable immune deficiency&ldquo;) wird meist im Erwachsenenalter im Kontext mit rezidivierenden Infekten gestellt. &bdquo;CVID ist zudem der h&auml;ufigste Immundefekt, der im Erwachsenenalter diagnostiziert wird&ldquo;, so Hansen weiter. Die Erkrankung z&auml;hlt differenzialdiagnostisch zu den Hypogammaglobulin&auml;mien. <br />Gem&auml;&szlig; dem aktuellen internationalen Konsensus-Dokument (ICON) gilt die Diagnose als gesichert, wenn folgende Kriterien zutreffen: Serum-IgG unterhalb der Labornorm und niedrige IgA (oder IgM) sowie eine fehlende Impfantwort.<sup>2</sup> Hansen: &bdquo;Die Diagnose kann alleine aufgrund der Laborwerte gestellt werden, weitere Befunde sind nicht mehr erforderlich.&ldquo; Zu den typischen klinischen Szenarien z&auml;hlen rezidivierende Infekte, chronische Pneumopathie, Autoimmunit&auml;t, Granulomatose, Allergien, Enteropathie und vermehrte Tumorneigung. CVID manifestiert sich h&auml;ufig in Lunge, Lymphknoten und Milz und stellt eine wichtige Differenzialdiagnose der Sarkoidose dar.</p> <h2>Hypersensitivit&auml;tspneumonitis</h2> <p>Unter dem Begriff exogen-allergische Alveolitis (EAA) wird eine Vielzahl von Krankheitsbildern zusammengefasst. &bdquo;Weltweit am h&auml;ufigsten ist die Vogelhalterlunge, gefolgt von der Farmerlunge und der Befeuchterlunge. Dazu kommen immer wieder kasuistische Darstellungen von neuen Allergenquellen wie k&uuml;rzlich etwa der Diamanttaube&ldquo;, sagt PD Dr. Dirk Koschel, Chefarzt Innere Medizin/Pneumologie, Zentrum f&uuml;r Pneumologie, Al&shy;lergologie, Beatmungsmedizin, Thorax- und Gef&auml;&szlig;chirurgie, Fachkrankenhaus Coswig. So wurde bei indischen Arbeitern in Brunnensch&auml;chten <em>Aspergillus spp.</em> als Allergenquelle nachgewiesen (&bdquo;dug well lung&ldquo;) oder Argan&ouml;l bei Arbeitern der Arganproduktion in Marokko.<sup>3, 4</sup> Auch Mycobacterium gordonae in einem Ultraschallvernebler kann eine EAA ausl&ouml;sen oder aber Aspergillus fumigatus als Allergen im Mehl.<sup>5, 6</sup> <br />&bdquo;Die Expositionstestung ist ein wichtiges Werkzeug in der Diagnostik der EAA, aber man muss dabei vorsichtig sein&ldquo;, warnt Koschel. Eine positive Provokationstestung hat zwar einen hohen Vorhersagewert, eine negative hingegen nicht.<sup>7</sup> Entscheidende Kriterien f&uuml;r die Provokationstestung sind: FVC-Abfall &gt;10 % , Abfall der Diffusionskapazit&auml;t (DLCO) &gt;15 % und Temperaturanstieg &gt;0,5&deg;C. <br />Im k&uuml;rzlich erschienenen Positionspapier der EAACI wird die EAA als allergische Reaktion einer nicht-IgG-vermittelten Reaktion beschrieben, die zu typischen Ver&auml;nderungen mit einer lymphozyt&auml;ren oder granulomat&ouml;sen Entz&uuml;ndungsreaktion f&uuml;hrt.<sup>8</sup> In den letzten Jahren ist die chronische EAA in den Fokus ger&uuml;ckt, nachdem bei Patienten mit idiopathischer Lungenfibrose (IPF) in mehr als 40 % der F&auml;lle eine chronische EAA nachgewiesen worden ist.<sup>9</sup> &bdquo;Im Unterschied zur IPF sind Patienten mit chronischer EAA eher weiblich, &uuml;berwiegend Nicht- bzw. Exraucher, haben mehr Atemnot und eine schlechtere Lebensqualit&auml;t&ldquo;, wei&szlig; Koschel. &bdquo;Die chronische EAA ist eine wichtige Differenzialdiagnose bei Patienten mit fibrosierenden Erkrankungen, weil Allergenkarenz &ndash; im Falle eines detektierbaren Allergens &ndash; die Prognose g&uuml;nstig beeinflussen kann&ldquo;, unterstreicht Koschel. <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Pneumo_1603_Weblinks_Seite24.jpg" alt="" width="808" height="632" /></p> <h2>Sarkoidose</h2> <p>Die Sarkoidose ist eine granulomat&ouml;se inflammatorische Multisystemerkrankung unbekannter Ursache. &bdquo;Wir wissen nur, dass es sich um eine antigenspezifische Immunantwort auf ein bisher nicht identifiziertes Triggerantigen handelt, die nach T-Zell-Aktivierung zur Granulomformation f&uuml;hrt. Die Granulome k&ouml;nnen in allen Organen auftreten, dementsprechend sind die Verl&auml;ufe individuell unterschiedlich&ldquo;, so OA Dr. Hubert Koller, 1. Interne Lungenabteilung, SMZ Baumgartner H&ouml;he/Otto-Wagner-Spital, Wien. &bdquo;Die Mehrheit der Patienten in Mitteleuropa hat einen Befall der Lunge. Der Altersgipfel liegt zwischen 35 und 39 Jahren, wobei mehr Frauen als M&auml;nner betroffen sind.&ldquo; <br />Wichtige Parameter f&uuml;r die Abkl&auml;rung der Lungenfunktion bei Sarkoidose sind Spirometrie, Bodyplethysmografie, Blutgasanalyse in Ruhe und Belastung und Kohlenmonoxiddiffusionskapazit&auml;t (DLCO). &bdquo;Je fortgeschrittener das Stadium, desto st&auml;rker die Funktionseinschr&auml;nkung &ndash; bis zu 80 % im Stadium IV&ldquo;, so Koller. Typisch sind obstruktive Ventilationsst&ouml;rungen mit deutlicher Verminderung der exspiratorischen Atemfl&uuml;sse in der Peripherie und bronchiale Hyperreaktivit&auml;t. <br />Eine h&auml;ufige extrathorakale Manifes&shy;tation ist die Augenbeteiligung, welche in allen Augenabschnitten auftreten kann, zumeist als Uveitis anterior. Die chronische Uveitis zeigt einen schleichenden Verlauf, der bis zur Erblindung f&uuml;hren kann. Koller: &bdquo;Daher z&auml;hlen ophthalmologische Untersuchungen zu den regelm&auml;&szlig;igen Basisuntersuchungen bei Sar&shy;koidose.&ldquo;</p> <h2>Kardiale Sarkoidose</h2> <p>Sie stellt eine wichtige Differenzialdiagnose bei j&uuml;ngeren Patienten mit unklaren Arrhythmien oder kardialen Funktionseinschr&auml;nkungen dar und kann auch als erste und einzige Sarkoidosemanifes&shy;tation vorliegen. Die Prognose ist ung&uuml;ns&shy;tig. Wann ist eine kardiale Beteiligung in Erw&auml;gung zu ziehen? &bdquo;Bei Erwachsenen j&uuml;nger als 55 Jahre mit AV-Block II&ndash;III nach Ausschluss anderer Ursachen, bei Erwachsenen j&uuml;nger als 55 Jahre mit EKG-Abnormalit&auml;ten oder Symptomen wie z.B. Leistungsminderung nach Ausschluss einer koronaren Herzerkrankung oder anderer kardiovaskul&auml;rer Erkrankungen, bei Patienten mit monomorphen ventrikul&auml;ren Tachykardien und/oder Kardiomyopathien sowie bei Patienten mit einer gesicherten Sarkoidosediagnose&ldquo;, so Koller. Die Evaluierung erfolgt &bdquo;step by step&ldquo; anhand der Anamnese und physikalischer Untersuchung, EKG, Echo, Herz-MRI, FDG-PET-Scan, Koronarangiografie zur Abkl&auml;rung einer KHK und in seltenen F&auml;llen anhand einer endomyokardialen Biopsie bzw. elektrophysiologischer Untersuchungen. Koller: &bdquo;Wichtig ist auch die Beurteilung des pulmonalen Gef&auml;&szlig;bettes, weil Sarkoidosepatienten eine pulmonal-arterielle Hypertonie entwickeln k&ouml;nnen.&ldquo;</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Fontenot AP et al: J Immunol 2016; 196(1): 22-7 <br /><strong>2</strong> Bonilla FA et al: J Allergy Clin Immunol Pract 2016; 4(1): 38-59 <br /><strong>3</strong> Sharma BB et al: Allergy Asthma Prac 2013; 34(6): e59-64 <br /><strong>4</strong> Paris et al: BMC Pulm Med 2015; 15: 18 <br /><strong>5</strong> Utsugi H et al: BMC Pulm Med 2015; 15: 108 <br /><strong>6</strong> Gerfaud-Valentin M et al: Chest 2014; 145(4): 856-8 <br /><strong>7</strong> Mu&ntilde;oz X et al: Eur Respir J 2014; 44(6): 1658-65 <br /><strong>8</strong> Quirce S et al: Allergy 2016; 71(6): 765-79 <br /><strong>9</strong> Morell F et al: Lancet Respir Med 2013; 1(9): 685-94</p> </div> </p>
Back to top